Wolfsburg. Der Sommerhit im Nah- und Regionalverkehr sorgte bei den Verkehrsunternehmen aber auch für einen dicken Wermutstropfen.

Das 9-Euro-Ticket war der Sommerhit in Bussen, Bahnen und Zügen. Das war in Wolfsburg nicht anders als anderswo. Allerdings sorgte der Erfolg der Billig-Fahrkarte im Nah- und Regionalverkehr auch für einen dicken Wermutstropfen.

Wie es bei der Wolfsburger Verkehrs-Gesellschaft lief

„Das Fahrgastaufkommen hat sich gegenüber dem Zeitraum davor erhöht, jedoch nicht außerordentlich“, resümierte Pressesprecherin Petra Buerke von der Wolfsburger Verkehrs-Gesellschaft auf Anfrage. Genaue Zahlen nannte sie nicht. Zusätzliche Busse oder zusätzliches Personal seien aber nicht eingesetzt worden, berichtete die Sprecherin der Verkehrsgesellschaft.

Insgesamt hat die WVG in den drei Monaten 53.014 9-Euro-Tickets in den Bussen und Vorverkaufsstellen verkauft. Im Juni waren es 19.116, im Juli 18.042 und August 15.856 Tickets, gab die Sprecherin bekannt. Somit waren die Verkaufszahlen in den ersten beiden Monaten des Gültigkeitszeitraums etwas höher als im letzten Monat des Billig-Tickets.

Das hatte bei der WVG allerdings deutliche Auswirkungen auf den Verkauf der übrigen Fahrkarten: „Der Verkauf anderer Fahrkarten ist erwartungsgemäß massiv zurückgegangen“, bilanzierte Petra Buerke. Wie viel weniger die Verkehrsgesellschaft durch das 9-Euro-Ticket einnahm, dazu machte sie keine Angaben.

Bereits kurz vor dem Start des Billig-Tickets hatte die WVG die ersten 7263 der vergünstigten Tickets verkauft. Und schon da berichtete die Sprecherin, dass die Verkäufe der anderen Zeit- und Mehrfahrtenkarten „gleichzeitig massiv zurückgegangen sind“.

Wie sich die Ticketverkäufe auf die Altersgruppen verteilten und wofür die Käufer das Ticket nutzten, dazu hat die WVG keine Erkenntnisse. Dies wäre laut Sprecherin nur durch eine Kundenbefragung zu ermitteln.

Was die Wolfsburg Wirtschaft und Marketing GmbH feststellte

Auch die Wolfsburg Wirtschaft und Marketing GmbH hat die vergünstigten Fahrkarten verkauft. „Das 9-Euro-Ticket war bei vielen Bürgerinnen und Bürgern sehr beliebt. Insgesamt wurden in unserem Wolfsburg Store knapp 400 Tickets verkauft“, resümierte Tourismus-Bereichsleiter Christoph Kaufmann. „Dabei wurden die mit Abstand meisten Tickets im Juli verkauft. In der Zeit des dreiwöchigen Werksurlaubs wurden spürbar weniger Tickets verkauft. Das erklärt auch die rückläufige Anzahl verkaufter Tickets im August.“

Aussagen dazu, wer die Tickets zu welchem Zweck genutzt hat, vermochte auch die WMG nicht zu treffen. Häufig seien jedenfalls mehrere Tickets zusammen gekauft worden. Insgesamt lasse sich feststellen, dass „das 9-Euro-Ticket gut angenommen wurde“.

Wie das Fazit im Verkehrsverbund Region Braunschweig ausfällt

„Grundsätzlich ist positiv festzuhalten, dass der ÖPNV erstmals in das Bewusstsein nahezu der gesamten Bevölkerung gerückt wurde“, zog Gisela Noske Bilanz. Die Sprecherin des Verkehrsverbunds Region Braunschweig, in dem 19 Verkehrsunternehmen der Region zusammengeschlossen sind, resümierte: „Die sehr hohen Nutzerzahlen zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger bereit sind, den ÖPNV als Alternative ins Auge zu fassen, sofern die Rahmenbedingungen attraktiv sind. Neben dem Preis ist auch die einfache Nutzung (ein Produkt für alles) entscheidend.“

Im VRB-Gebiet sind nach Angaben der Sprecherin insgesamt zirka 300.000 9-Euro-Tickets bei den Busunternehmen und im App-Vertrieb verkauft worden. Dies entspreche etwa 40 Prozent der Einnahmen gegenüber den regulären Einnahmen ohne 9-Euro-Ticket. Denn: Neben den frei verkauften Tickets wurden auch die Preise für Abos, Schülerkarten und Semestertickets für drei Monate auf 9 Euro gesenkt. Zudem seien die übrigen Ticketverkäufe deutlich zurückgegangen. Konkrete Zahlen zu den Mindereinnahmen nannte sie nicht.

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Die Nachfrage sei insbesondere bei der Nutzung in der Freizeit und am Wochenende gestiegen. „Neue Pendler beziehungsweise Berufstätige, die das Ticket regelmäßig nutzen, wurden etwas seltener angetroffen“, hat der VRB festgestellt.

Die Auslastung der Fahrzeuge im Verkehrsverbund habe deutlich zugenommen; auf touristisch nachgefragten Strecken seien teilweise Verstärkerfahrten angeboten worden. Gisela Noske dazu abschließend: „Diese Ergebnisse entsprechen auch den Erkenntnissen aus der Marktforschung des Branchenverbandes VDV.“

Wie es nach dem 9-Euro-Ticket weitergehen soll

„Abo-Aktion: Weiter für 9 Euro fahren! Jetzt ins VRB-Abo einsteigen und zum Vorzugspreis Bus und Bahn fahren!“ – so wirbt der Verkehrsverbund für sein Nachfolge-Ticket, das seit 1. September in unserer Region gilt. „Wer jetzt ins VRB-Abo einsteigt, zahlt für den ersten Monat nur 9 Euro für’s Ticket­. Danach gilt der jeweils günstige Abo-Tarif.“

Bundesweit ist seit Wochen darüber gestritten worden, ob überhaupt, in welcher Form und zu welchem Preis es einen Nachfolger für das Erfolgs-Ticket geben soll.

Im dritten Entlastungspaket der Bundesregierung, das am Sonntag vorgestellt wurde, ist nun eine Nachfolgeregelung vorgesehen. Im Beschlusspapier des Koalitionsausschusses wird eine Preisspanne zwischen 49 und 69 Euro im Monat für ein neues bundesweit gültiges Nahverkehrsticket genannt.