Berlin. Eine Eigentumswohnung kaufen und dann vermieten kann sich rechnen – vor allem, wenn man typische Fehler vermeidet. Das raten Experten.

  • Eignet sich eine Wohnung noch als Kapitalanlage?
  • Die Zinswende hat den Kauf von Immobilien deutlich erschwert
  • Wer Anfängerfehler vermeidet, kann durch Kauf und spätere Vermietung dennoch sichere Renditen einstreichen
  • Eigenkapital, Finanzierung, Mietentwicklung: Unsere Experten liefern die wichtigsten Tipps

Wer sich in den vergangenen Jahren eine Immobilie angeschafft hat, konnte sich über kontinuierliche und teils kräftige Wertsteigerungen freuen. Und weil sichere Geldanlagen wie das Festgeld- oder Tagesgeldkonto keine Zinsen abwarfen, stellte auch der Kauf und das Vermieten einer Wohnung oder eines Hauses einen interessanten und auch beliebten Baustein zur eigenen Altersvorsorge dar – 5,2 Millionen Privatvermieter gibt es hierzulande, zwei Drittel aller Mieterhaushalte wohnen in einer solchen Wohnung.

Die Zinswende allerdings hat die Karten neu gemischt. War jahrelang die Fremdfinanzierung extrem günstig und zeitweise deutlich unter einem Prozent abschließbar, liegen die Bauzinsen mittlerweile wieder bei rund vier Prozent. Das mag zwar historisch gesehen immer noch preiswert erscheinen – vor 30 Jahren waren Zinsabschlüsse mit 10 Prozent keine Seltenheit. Grundlegend geändert haben sich die Finanzierungsbedingungen dennoch. Der Eigenkapitalanteil wird wichtiger, Banken zu finden, die in diesem Zinsumfeld eine 100-Prozent-Finanzierung anbieten, deutlich schwieriger.

Wohnung kaufen: Diese Fehler werden beim Kauf von Immobilien häufig gemacht

Also, Finger weg von der Wohnung als Geldanlage? „Eine Immobilie ist das größte Investment des Lebens. Wenn Zweifel bestehen, sollte man auf einen Kauf verzichten“, sagt Jens R. Rautenberg, Geschäftsführer der Conversio Gruppe, ein auf Immobilien spezialisiertes Analysehaus. Nur rund jedes fünfte angebotene Projekt würde Conversio zum Kauf empfehlen, sagt Rautenberg – und nennt typische Probleme: „Viele Kapitalanleger machen den Fehler, dass sie eine Wohnung kaufen, die sie selbst bewohnen würden. Diese fällt dann meistens zu groß aus.“ Am besten für die Geldanlage seien Wohnungen mit zwei bis vier Zimmern und einer Wohnfläche von 40 bis 100 Quadratmetern. „Außerdem neigt der Deutsche dazu, immer nur vor der Haustüre zu investieren, ungeachtet der Zukunftsaussichten dort“, weist Rautenberg auf den nächsten Fehler hin.

Allerdings gibt es durchaus Gründe, eine Wohnung in der Nähe zu kaufen. „Eine Wohnung ist keine passive Geldanlage – es gibt immer etwas zu tun“, sagt Immobilienökonom Philipp Deschermeier vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Sind Reparaturen zu erledigen oder wird ein Gespräch mit den Mietern fällig, ist man schnell vor Ort. Solche weichen Faktoren sollten bei der Entscheidung berücksichtigt werden, sagt Deschermeier. „Natürlich kann das die Rendite schmälern. Auf der anderen Seite kann es Stress ersparen.“

Rendite durch Vermietung: Stadtteile unterscheiden sich teils deutlich

Auch in der eigenen Stadt kann es dabei sich lohnen, über den Tellerrand zu schauen. Das legt zumindest eine Auswertung der Immobilienbewertungsplattform PropRate unter 106.000 Inseraten nahe, die unserer Redaktion vorliegt. Das Portal hat Faktoren wie Kauf- und Mietpreisdaten in einer Region, die Demografie sowie Daten zu den einzelnen Häusern und Wohnungen analysiert und anschließend in eine Bewertung von 1 bis 5 gegossen, wobei eine 5 für eine exzellente Kapitalanlage stehen würde und eine 1 völlig ungeeignet wäre. Auffällig: Von Stadtteil zu Stadtteil unterscheiden sich die Anlagechancen oft fundamental.

In Berlin ist Wartenberg demnach beispielsweise deutlich attraktiver als Niederschöneweide, in Hamburg die Altstadt renditeträchtiger als Steinwerder und in Gelsenkirchen würde Schalke Nord rosigere Aussichten als Feldmark bieten. Allerdings stellt auch PropRate-Prokurist Johannes Müller fest: „Der momentane Markt ist anspruchsvoll für Anleger.“ Auffällig sei ein Nord-Süd-Gefälle: So würden die Metropolregionen Stuttgart und München ein starkes Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Miete aufweisen. „Die Folge: eine vergleichsweise niedrige Mietrendite“, sagt Müller.

Wohnung kaufen: Preisnachlässe von bis zu 15 Prozent möglich

Und doch: Wer einiges beachtet, für den kann die aktuelle Phase durchaus interessant sein, meint Sebastian Eraghi, verantwortlich für das operative Geschäft beim Schweizer Hybridmakler Neho: „Die aktuellen Mietentwicklungen bei gleichzeitig stagnierenden Preisen lassen die Renditen für Kapitalanlageimmobilien erstmals seit Jahren wieder steigen.“ Zumal manche Preise nicht nur stagnieren – sie fallen.

In den ersten drei Monaten des aktuellen Jahres sind die Preise für Wohnimmobilien im Vergleich zum Vorjahresquartal um 6,8 Prozent gesunken, ermittelte das Statistische Bundesamt. Einen stärkeren Rückgang hat die Wiesbadener Behörde seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000 noch nicht feststellen können. Bei energetisch unsanierten Häusern verzeichnete das Immobilienportal Immoscout24 jüngst Preisabschläge von 28 Prozent auf dem Land und 21 Prozent in der Stadt. Vermeintliche Schnäppchen können aber schnell zum Kostentreiber werden, wenn sie kernsaniert werden müssen. „Kleinanleger, die handwerklich begabt sind und Freude an Reparaturen und Ausbesserungen haben, können aktuell sehr gute Preise erzielen“, sagt Deschermeier. Auf der anderen Seite hätten Projektentwickler derzeit Schwierigkeiten, ihre Neubauten loszubekommen. Auch hier könnten sich interessante Verhandlungsoptionen ergeben.

Auch Eraghi rät, sich in der aktuellen Phase Zeit mit der Verhandlung zu lassen. Während noch vor ein bis zwei Jahren die Kaufentscheidung binnen weniger Tage getroffen werden musste, dauere die Vermarktung einer Immobilie heute drei bis sechs Monate. „Preisnachlässe von mindestens 10 bis 15 Prozent sollte man meistens durchsetzen können“, sagt der Neho-Manager.

In Zeiten der Inflation kann sich der Wohnungskauf lohnen

Nur: Warum sollte man in eine Wohnung investieren, wenn selbst das Tagesgeldkonto mehr als drei Prozent Zinsen abwirft? Philipp Deschermeier sieht einen Vorteil in der inflationären Phase. „Es lassen sich häufig höhere Arbeitslöhne durchsetzen, was bei der Tilgung hilft. Nach 10 Jahren, wenn das Sonderkündigungsrecht greift, kann man mit etwas Glück womöglich günstiger weiterfinanzieren“, sagt der IW-Ökonom. Als Altersvorsorge erziele eine Wohnung in der Regel höhere Renditen als beispielsweise die staatlich geförderte Riester-Rente. Und: Man sehe im Gegensatz zu Aktien oder Anleihen nicht täglich die Wertschwankungen, müsse also nicht überlegen, ob man kaufen oder verkaufen wolle. Hinzu komme: Bei der Immobilienfinanzierung gebe es durch die Fremdfinanzierung einen zusätzlichen Hebeleffekt. Wer eine Immobilie vermietet, könne zudem die Zinsen für den aufgenommenen Kredit steuerlich abschreiben.

Hinzu kommt die Situation auf dem Wohnungsmarkt. Es herrscht vielerorts eine Knappheit an Wohnraum, die Mieten stiegen zuletzt rasant an, Immoscout24 sprach gar von einem „historischen Anstieg“: Um 7,4 Prozent hätten die Mieten für Bestandswohnungen demnach zwischen dem 1. Quartal 2022 und dem 1. Quartal 2023 zugelegt, im Neubau waren es sogar 7,7 Prozent.

Vor dem Immobilienkauf sorgfältig Informationen einholen

Wer sich für den Kauf einer Wohnung als Geldanlage entscheidet, sollte vor dem Kaufabschluss allerdings einiges beachten, sagt Immobilienanalyst Rautenberg. Zunächst einmal gelte es zu prüfen, wer überhaupt der Verkäufer oder Bauträger ist: „Ist der seriös, wie ist die Leistungsbilanz, kann ich von ihm ruhigen Gewissens kaufen und in welche Eigentümergemeinschaft kaufe ich mich ein“, nennt der Conversio-Geschäftsführer die Fragen, die sich Immobilieninteressenten stellen sollten.

Beim Standort lohne sich ein Blick auf die Bevölkerungs- und Wirtschaftsprognosen: „Wird die Infrastruktur auf- und nicht abgebaut?“ Wichtig seien Einkaufsmöglichkeiten, Kitas, Schulen und eine gute Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr. Zudem sollten Käufer darauf achten, wer die Immobilie verwaltet, so Rautenberg: „Da geht es um Mieterprüfung bei Neuvermietung, Nebenkostenabrechnungen, Instandhaltungsrücklagen, damit sind viele Privatanleger überfordert – die Verwaltung sollte man Profis überlassen, sonst kann einem das schnell Kopfschmerzen bereiten.“

Erst wenn diese drei Punkte – Seriosität des Anbieters, Standort und Verwalter – geklärt sind, könne man einen Gutachter zurate ziehen und einen genaueren Blick auf die Immobilie werfen, die am Ende das Geld einbringen soll.