Berlin. Nur noch vier statt fünf Tage arbeiten? Wirtschaftsweise Monika Schnitzer trifft dazu eine klare Aussage, nennt aber auch einen Haken.

Die junge Generation sieht sich häufig mit Vorwürfen konfrontiert: Verwöhnt, fordernd – und arbeitsfaul. Eine Generation, die Wert legt auf ein ausgewogenes Verhältnis von Beruf und Freizeit, die neue Konzepte wie mobile Arbeit oder eine 4-Tage-Woche einfordert – das erzeugt Reibung. „Wir brauchen mehr Bock auf Arbeit“, hatte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Anfang des Jahres gesagt.

Doch Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates Wirtschaft, widerspricht: „Es ist nicht so, dass es der jungen Generation an „Bock auf Arbeit“ mangelt. Eher brauchen die Unternehmen mehr Lust auf motivierte junge Leute“, sagte die Wirtschaftsweise unserer Redaktion.

Vier-Tage-Woche: Wirtschaftsweise Schnitzer ist skeptisch

Unternehmen müssten sich überlegen, wie sie Beschäftigte künftig motivieren und an sich binden könnten. Denn der Fachkräftemangel ermögliche es der jungen Generation, ihre Vorstellungen durchzusetzen. „Mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit, mehr Homeoffice, aber auch mehr Wertschätzung bei der Arbeit“, zählt Schnitzer auf. „Bisher mussten sich die Unternehmen darüber keine Gedanken machen. Gehen sie nun nicht wertschätzend mit ihren Beschäftigten um, suchen sich diese einfach einen anderen Arbeitsplatz.“

Skeptisch steht die Vorsitzende des Beratergremiums der Bundesregierung allerdings der Forderung nach einer Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich, wie ihn die IG Metall erhebt, gegenüber. „Die These, dass man in vier Tagen bei vollem Lohnausgleich dieselbe Arbeitsleistung wie in fünf Tagen erbringt, lässt sich empirisch nicht belegen“, sagte Schnitzer. Man könne auch durch etwas effizientere Arbeit keinen ganzen Tag Arbeitszeit ausgleichen.

Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrats, glaubt, dass im Zuge des Fachkräftemangels die Löhne steigen werden.
Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrats, glaubt, dass im Zuge des Fachkräftemangels die Löhne steigen werden. © dpa | Michael Kappeler

Helfen könne aber eine Flexibilisierung der Arbeitszeit: „Wenn man am Tag zehn Stunden arbeitet, kann man auch eine Vier-Tage-Woche ermöglichen. Für viele Beschäftigte wäre das ein Anreiz.“ Die IG Metall will in ihren Tarifverhandlungen in der Stahlindustrie eine Vier-Tage-Woche durchsetzen. Die Arbeitszeit soll nach Vorstellung der Industriegewerkschaft in der Branche von 35 auf 32 Stunden sinken.

Fachkräftemangel: Schnitzer erwartet mehr Automatisierung

Die Forderung hatte eine bundesweite Debatte ausgelöst, ob das Modell auch in anderen Branchen Schule machen könne. Zuletzt hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner allerdings vor Wohlstandsverlusten gewarnt. „Unser Land braucht keine Diskussion über die Vier-Tage-Woche“, hatte der FDP-Chef bei einer Veranstaltung des CDU-Wirtschaftsrats gesagt.

Ob die Vier-Tage-Woche kommt oder nicht: Klar sei laut der Wirtschaftsweisen Schnitzer, dass durch den Fachkräftemangel die Löhne steigen werden – mit Folgen für die gesamte Arbeitswelt. „Das wird zu mehr Automatisierung führen“, sagte die Ökonomin. Droht also der große Jobabbau und Arbeitslosigkeit?

Schnitzer verneint. Durch die Automatisierung würde die Arbeit produktiver werden, sodass die Unternehmen die höheren Löhne auch zahlen könnten. So könnte dem demografischen Wandel begegnet werden. „Wir vernichten keine Arbeitsplätze, sondern kompensieren, dass wir bald ohnehin nicht mehr so viele Arbeitskräfte haben.“

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