Berlin. Eine neue Studie soll aufklären, warum einige Menschen verhältnismäßig lange Nasen haben: Eine bestimmte Gensequenz sei der Grund.

Einer neuen Studie zufolge sind lange Nasen bei Menschen offenbar auf eine Gensequenz von Neandertalern zurückzuführen. Diese sorge für eine insgesamt höhere Nase, gemessen von der Wurzel bis zur Nasenspitze.

Wie ein Team um Qing Li von der Fudan University in Schanghai sowie Kaustubh Adhikari und Andrés Ruiz-Linares vom University College London in der Fachzeitschrift "Communications Biology" ausführen, könnte dieses Merkmal dem Homo sapiens bei der Anpassung an Kälte geholfen haben.

Schließlich hat sich der anatomisch moderne Mensch in der Altsteinzeit nachweislich mit dem Neandertaler vermischt. So sind im Genom von Homo sapiens auch Erbstücke von Neandertalern nachweisbar. Zudem wurde bereits erforscht, dass die Nasen der Neandertaler verhältnismäßig groß ausfielen, dafür aber auch das Atmen in kalten Klimazonen vereinfachten.

"Es wurde schon lange spekuliert, dass die Form unserer Nasen durch natürliche Selektion bestimmt wurde. [...] Das Gen, das wir identifiziert haben, erbten die Menschen möglicherweise von Neandertalern und es half ihnen, sich an kältere Klimazonen anzupassen, als unsere Vorfahren Afrika verließen", so Qing Li laut einer Pressemitteilung. Demnach biete eine längere Nasenhöhle mehr Hautfläche und zudem mehr Raum, um eingeatmete kühle Luft auf Körpertemperatur zu bringen.

Die Nachbildung eines Neandertalers steht im Neanderthal Museum in Mettmann.
Die Nachbildung eines Neandertalers steht im Neanderthal Museum in Mettmann. © Oliver Berg/dpa

Studie: Bestimmtes Genom vergrößert Nase

Die Studie wurde als genomweite Assoziationsstudie angelegt, sodass genetische Variationen im menschlichen Erbgut ausfindig gemacht werden konnten, die mit der Entwicklung des Schädels, vor allem der Nase, zusammenhängen. Für ihr Projekt arbeiteten Adhikari und seine Arbeitsgruppe mit Informationen aus einer Gendatenbank, die Daten von mehr als 6400 Menschen europäischer, afrikanischer und amerikanisch-indigener Herkunft aus Lateinamerika umfasst.

Für die Forschungsarbeit wurden auf Porträtfotografien der Probanden bestimmte Gesichtspartien markiert, darunter Stellen um die Augen, die Nase und die Lippen. Diese wurden im Anschluss mit deren Gendaten verglichen. Die Wissenschaftler konnten auf diese Weise 42 Genregionen identifizieren, die offenbar mit der Gesichtsform in Verbindung stehen, darunter 33 neu bestimmte. Besonders interessant: Die Funktionen von 26 der Genregionen konnten in den Gendaten von Menschen aus Ostasien, Europa und Afrika nachgewiesen werden.

Anschließend wurde festgestellt, dass ein Genabschnitt die Nasenhöhe, gemessen von der Wurzel bis zur Spitze, vergrößert. Bei genau jener Sequenz liegt die Vermutung nahe, dass es sich um ein Erbe aus dem Genom der Neandertaler handelt. In der Stichprobe wurde dieses Genom vor allem bei Probanden mit indigenen und ostasiatischen Wurzeln nachgewiesen. Fazit: Der Studie zufolge besitzen Menschen mit hohen Nasen demnach die von Neandertalern geerbte Gensequenz. (day)