Braunschweig. Das Derby der Basketball Löwen bei der BG 74 birgt auch ohne Fans genügend Brisanz. Strobl will bessere Verteidigung und mehr von Bryon Allen sehen.

Tickets gegen Braunschweig kann man durchaus kaufen in Göttingen, doch in die Halle geht es damit nicht. Mit so genannten Geisterspieltickets versucht Löwen-Gastgeber BG 74, ein paar Euros in die Kasse zu bekommen. Auf die traditionell stimmungsvolle Derbykulisse am Samstagabend müssen die Veilchen aber wegen des Zuschauerverbots verzichten.

Ein Pluspunkt vielleicht für die Braunschweiger. „Einen Heimvorteil hast du zurzeit nicht ohne Fans“, hat Löwen-Coach Pete Strobl am Sonntag schmerzlich erfahren, als sein Team in der VW-Halle gegen Oldenburg in Hälfte zwei einen heftigen Energieabfall erlitt, aber eben keine „Fan-Batterie“ auf der Tribüne anzapfen konnte.

„Nur das vierte Viertel grottenschlecht“

Das Südniedersachsenduell ist auch ein Wundenlecken der Frustrierten. Denn wie die Braunschweiger bei ihrer 83:111-Pleite waren auch die Veilchen beim 72:100 in Ludwigsburg zum Saisonstart gegen ein Spitzenteam viel übler unter die Räder geraten als sie sich das hätten vorstellen mögen. Die beiden Teams, die sich durch Erfolge im Pokalwettbewerb auf einem guten Weg in die neue Spielzeit wähnten, finden sich nun als Nachbarn am Tabellenende wieder. Kein Problem nach dem ersten Spieltag. Aber nun gilt es Wege zu finden, dort wieder wegzukommen.

Das dürfte heute die Mannschaft schaffen, die weniger irritiert ist vom verpatzten Auftakt und die über 40 Minuten mehr Dynamik aus sich heraus abrufen kann. Der Eindruck einer desolaten zweiten Hälfte seiner Schützlinge sei nicht korrekt, sucht Strobl positive Ansatzpunkte. „Oldenburg war stark, aber acht Minuten vor Schluss waren wir nur zehn Punkte hinten“, betont er. „Nur das vierte Viertel war wirklich grottenschlecht.“

Nach vorne denken statt nach hinten

Um eine Wiederholung zu verhindern, nimmt der Coach einerseits seine Mannschaft als Ganzes in die Pflicht, kritisiert ihre Defensivarbeit. Allzu oft hätten sich die Löwen von Misserfolgen im Angriff runterziehen lassen. „Unser Selbstvertrauen kommt aus der Verteidigung, aus unserem Rhythmus“, betont er. Das Team müsse lernen, immer die nächste Aktion im Kopf zu haben und nicht die vergangene. „Und unser Spiel funktioniert nur, wenn alle schnell zurücklaufen und dann alle nach vorne sprinten“, verdeutlicht der Amerikaner. „Sobald einer das weniger begeistert umsetzt, ist das sofort ansteckend.“

Strobl: Allen muss mehr schultern

Das gelte allerdings auch andersherum, also für positive Beispielgeber. Und so einer soll in Göttingen wieder Bryon Allen sein, der im Pokalspiel gegen Oldenburg noch mit 18 Punkten, 9 Rebounds und 4 Vorlagen geglänzt hatte. Im Punktspiel aber ließ sich der mit 28 Jahren älteste Löwe sichtlich hängen. „Er hat sich entschuldigt“, berichtet Strobl. „Es war für ihn ein besonderes Spiel gegen seinen alten Klub, und als es dann bergab ging, war er total enttäuscht.“ Doch die junge Mannschaft brauche den US-Profi, müsse sich an ihm aufrichten können. „Ich habe Bryon klar gemacht, dass er mehr auf seine Schultern nehmen muss“, sagt der Trainer.

Verschärfte Corona-Beschränkungen

Das gilt auch deshalb, weil das gemeinsame Einschwören in Corona-Zeiten gar nicht so einfach ist. „Wir sind zwar alle negativ getestet, aber wir müssen jetzt sogar auf der Bank in mehreren Reihen und auf Stühlen auseinander sitzen, die Co-Trainer müssen auch Masken tragen“, berichtet Strobl von verschärften Bedingungen, die das „komische Gefühl“ des seltsamen Abstands noch verstärkten. „Aber es ist ein Privileg, dass wir überhaupt spielen können“, fügt er an. „Das wissen wir zu schätzen.“

Testspielsieg gibt Mut

Und so freuen sich die Löwen aufs nächste Kräftemessen mit den Göttingern, die sie zum Vorbereitungsstart 87:85 geschlagen hatten. Das gibt Zuversicht. „Ich erwarte einen richtigen Kampf“, sagt Strobl. „Denn ein Derby ist immer etwas Besonderes – auch ohne Fans.“

Der Gegner

Die BG Göttingen ist optimal in die Pflichtspielsaison gestartet. Mit Siegen im Pokalwettbewerb gegen Frankfurt, Vechta und Gießen haben die Veilchen das Final-Four-Turnier in München erreicht. Doch die Punktspielpleite mit 73:100 in Ludwigsburg war ein Rückschlag.

Trainer Roel Moors aus Bamberg, der nach vielen Jahren Johan Roijakkers ablöste, hat sechs neue Ausländer und drei neue deutsche Spieler geholt. Die bekanntesten sind Ex-Nationalspieler Akeem Vargas, der aus Frankfurt zurückkehrte, der britische Nationalspieler Luke Nelson und Spielmacher Jorge Gutiérrez. Der routinierte Mexikaner kam von den Hamburg Towers, für die er gegen die Löwen 19 Punkte, 10 Assists sammelte. Das Team ist ausgewogen und tief besetzt, Moors setzt stets alle Akteure ein.

Die Veilchen schmerzt der Abgang der Nationalspieler Bennet Hundt und Dominic Lockhart, die Roijakkers mit nach Bamberg nahm. Seit 2017 wartet die BG auf einen Derby-Heimsieg gegen die Löwen.

Göttingen – Braunschweig , Samstag, 20.30 Uhr, live bei Magentasport