Salzgitter. Auch einige Salzgitteraner konnten ihre Stimme für die Wahlen in der Türkei abgeben. Die Meinungen sind emotionsgeladen und gehen auseinander.

Auch Menschen in Salzgitter konnten mitentscheiden bei den Wahlen in der Türkei. Die Kernfrage: Wiederwahl des bisherigen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan oder Wahl seines Herausforderers, des Oppositionsführers Kemal Kilicdaroglu.

Salzgitters Integrationslotse Dincer Dinc verfolgte die Wahlen. Das Ergebnis treffe ihn, sagt er gegenüber unserer Zeitung: „Es war hochspannend für mich. Ich bin sehr aufgewühlt.“ Dinc hatte gehofft, einen Machtwechsel in der Türkei zu erleben, so dass Erdogan nach 20 Jahren Präsidentschaft abgelöst wird.

Wie sind die Meinungen zur Türkei-Wahl in Salzgitter?

Firat Kiziltoprak ist Kaufmann aus Salzgitter. Er durfte nicht wählen, denn er ist in Deutschland geboren und hat nicht die doppelte Staatsbürgerschaft. Trotzdem verfolgt der 49-Jährige die Wahlen und hat seine Meinung zur politischen Lage in der Türkei. Seine Eltern kommen aus dem Land – aus einer kurdischen Region. „Ich bin kein Erdogan-Anhänger“, erklärt der Salzgitteraner.

Bei der Politik entscheide er sich nach Fakten. Kiziltoprak findet: „Die Türkei braucht gerade jetzt in wirtschaftlich extrem schwierigen Zeiten eine Kontinuität in der Führung des Landes.“ Die Lösung, eine Opposition zu bilden, in der sechs Parteien mit unterschiedlichen Interessen und Zielen organisiert sind, habe ihn nicht überzeugt. Außerdem findet Kiziltoprak, die Infrastruktur, Industrie und das Gesundheitswesen hätten unter Erdogans Regierung eine positive Entwicklung durchgemacht.

„Wähler wählen nicht mit dem Verstand, sondern emotional“

Erkan Yergün aus Fredenberg arbeitet bei Volkswagen in Salzgitter. Yergün darf wählen und hat gewählt – und zwar den Oppositionsführer Kilicdaroglu. „Ich bin ein Verfechter der Demokratie und nicht der Diktatur“, sagt Yergün. Er selbst sei sehr enttäuscht und überrascht über das Ergebnis. In Deutschland haben die Wahlberechtigten etwa zu zwei Dritteln für Erdogan gestimmt, laut den vorläufigen Endergebnissen der türkischen Wahlbehörde. Das sind anteilig deutlich mehr als in der Türkei selbst.

Der 49-jährige Yergün erklärt sich das Ergebnis unter den Wählenden in Deutschland so: „Die Wähler hier wählen nicht mit ihrem Verstand, sondern komplett emotional.“ Er kritisiert, viele würden Aussagen des türkischen Staatssenders nicht hinterfragen.

„Glaube nicht, dass Wahlen unter demokratischen Bedingungen abgehalten wurden“

Deniz Kaptan, Hotelfachmann aus Lengede findet, die Wahl sei ein Erfolg für Kilicdaroglu, dem er auch seine Stimme gegeben hat. Kaptan merkt an: „Obwohl die Wahlbeteiligung hoch war, möchte ich zum Ausdruck bringen, dass ich nicht glaube, dass die Wahlen unter demokratischen Bedingungen abgehalten wurden.“ In einer solchen Situation sei es ein wichtiger Indikator, dass die Opposition trotzdem so viele Stimmen gewonnen und dass Erdogan die Wahl nicht gewonnen hat, findet Kaptan.

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Am 28. Mai wird endgültig entschieden: Dann findet die Stichwahl zwischen Erdogan und Kilicdaroglu statt. „Ich gehe wieder zur Wahl und habe immer noch viel Hoffnung, dass mein Volk zur Vernunft kommen wird“, sagt der Fredenberger Erkan Yergün. Er wird erneut für Kilicdaroglu stimmen.

„Bin sicher, dass Erdogan erneut gewählt wird“

Der Salzgitteraner Firat Kiziltoprak schaut anders auf die Stichwahl. Auch wenn er nicht wählen darf: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass der amtierende Präsident Erdogan erneut gewählt wird.“

Erdogan als bisheriger Präsident der Türkei und Chef der AKP steht in Deutschlands Politik und Presse wegen seines autoritären Kurses häufig in der Kritik. Laut Länderbericht der Europäischer Union (EU) sind beispielsweise die Unabhängigkeit der Justiz und die Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit im Land unter Erdogans Regierung stark eingeschränkt. Erdogans Herausforderer Kemal Kilicdaroglu ist Vorsitzender der kemalistisch-sozialdemokratischen CHP, der größten Oppositionsfraktion im türkischen Parlament. Er tritt als Kandidat des Oppositionsbündnisses für die Präsidentschaftswahl an.

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