Berlin. Können Flüchtlinge die Fachkräftelücke schließen? Viele Bundesbürger sind skeptisch. Eine Ausbildung wäre bei jungen Menschen ein erster Schritt - doch schnell geht es nicht.

Die meisten jungen Flüchtlinge können nach Einschätzung der deutschen Wirtschaft nicht schnell zu qualifizierten Arbeitnehmern ausgebildet werden. „Der Weg in die Ausbildung braucht Zeit - nach Erfahrungen der Betriebe etwa zwei Jahre“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer, am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Am Abend wollte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Unternehmensvertretern über die Eingliederung von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt sprechen.

Drei von vier Deutschen schätzen den durchschnittlichen Bildungsstand der Flüchtlinge als niedrig ein, wie aus einem am Mittwoch in Berlin vorgestellten Bildungsbarometer des ifo-Instituts hervorgeht. Mehr als jeder Zweite glaubt nicht, dass die Flüchtlinge dazu beitragen, den Fachkräftemangel der Wirtschaft zu verringern. Nur jeder Dritte nimmt dies an. Drei Viertel der Befragten sind für staatlich finanzierte, verpflichtende Sprachkurse.

Schweitzer sagte weiteres Engagement der Unternehmen für die Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt zu. „Bei der Ausbildung und der Beschäftigung von Geflüchteten engagieren sich nicht zuletzt viele kleine und mittelständische Betriebe“, sagte er. Dem DIHK zufolge gab es im Frühjahr fast 140 000 Beschäftigte aus Asylherkunftsländern, rund 30 000 mehr als ein Jahr zuvor. Zudem seien laut Hochrechnung rund 10 000 junge Flüchtlinge in Ausbildung.

„Allerdings handelt es sich hierbei in den wenigsten Fällen bereits um Flüchtlinge, die 2015 zu uns kamen“, sagte Schweitzer. Vor allem fehlende Deutschkenntnisse und die Asylverfahren stünden dem schnellen Start in die Ausbildung entgegen. Ende August waren bei den Jobcentern und Arbeitsagenturen 153 000 geflüchtete Männer und Frauen als arbeitslos registriert. Nach Einschätzung von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) werden die Flüchtlinge in großem Maß erst 2017 in der Arbeitsvermittlung sein.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen ist eine große Gemeinschaftsaufgabe, die zügig und konsequent angepackt werden muss.“

Schweitzer verwies auf das Aktionsprogramm „Ankommen in Deutschland“, mit dem die Kammern Beiträge zur Integration leisteten. Allein in diesem Jahr stellten sie rund 20 Millionen Euro zur Verfügung und beschäftigten 170 Mitarbeiter. Ein DIHK-Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ biete mit Unterstützung der Regierung derzeit über 800 Betrieben Erfahrungsaustausch und Unterstützung.

Einer Umfrage von „MDR aktuell“ zufolge beschäftigen die zehn umsatzstärksten Unternehmen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen derzeit nur zwölf Flüchtlinge. Elf von ihnen seien bei den Technischen Werken Dresden als Ein-Euro-Jobber angestellt. Teil der Firmengruppe seien unter anderem die städtischen Verkehrsbetriebe. dpa

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