Washington. Balanceakt für Innenminister Friedrich in Washington: In Sachen Spähaffäre wollte er Klartext reden, doch Washington auch nicht zu hart anfassen. In den USA war sein Besuch kein großes Thema.

Die USA wollen Deutschland nach dem Ärger um ihre Späh-Aktionen künftig besser über die Arbeit ihrer Geheimdienste informieren. Das vereinbarte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und die amerikanische Sicherheitsberaterin Lisa Monaco bei einem Treffen in Washington. Die US-Regierung versprach dabei nach deutschen Angaben, einen „Deklassifizierungs-Prozess“ in Gang zu setzen, damit deutsche Behörden besser unterrichtet werden können.

Friedrich sagte zum Abschluss seines Kurztrips nach Washington, das US-Spähprogramm „Prism“ überwachte auch Kommunikationsinhalte. Es würden nicht nur Verbindungs-Daten gesammelt. Doch die inhaltliche Überwachung sei streng geregelt. „Allerdings geht es dort sehr strikt gesetzlich geregelt um Terrorismus, um Proliferation, also die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, und um organisierte Kriminalität.“

Ob amerikanische Stellen in Deutschland gegen deutsches Recht verstoßen haben, wollte Friedrich nicht sagen. Es habe aber keine Industriespionage gegen deutsche Unternehmen gegeben und auch keine Vereinbarungen zwischen dem US-Geheimdienst NSA und deutschen Stellen, um die jeweils anderen Bürger auszuspionieren.

Seine Gespräche in Washington bezeichnete er als Erfolg. „Ich bin sehr zufrieden“, sagte er. „Alle haben verstanden hier in den Vereinigten Staaten, dass es eine hohe Sensibilität in Deutschland beim Thema Privatsphäre gibt.“ Es gebe keine Bestätigung, dass deutsche Behörden von amerikanischer Seite abgehört wurden.

In den Gesprächen mit Monaco und US-Justizminister Eric Holder seien die ersten Fragen um Spähprogramme der NSA geklärt worden. Bei einem Treffen im Weißen Haus sei auch US-Vizepräsident Joe Biden dabei gewesen.

Mit einer schrittweisen „Deklassifizierung“ sollen deutsche Stellen in den nächsten Monaten bessere Einblicke in die Vorgehensweise von US-Behörden bekommen.

Zum US-Informanten Edward Snowden, der unterdessen in Russland Asyl beantragte, sagte Friedrich: „Ich glaube nicht, dass Moskau der Ort ist, wo man die Freiheit und das Internet besonders gut verteidigen kann.“

Doch am Erfolg des Kurztrips Friedrichs in den USA gibt es auch Zweifel. FDP-Vize Christian Lindner dämpfte die Erwartungen. Die SPD wertete den Auftritt schlichtweg als Show. Der Minister will nächste Woche verschiedenen Parlamentsgremien Auskunft über die Ergebnisse seiner Gespräche geben. Snowden hatte vor Wochen enthüllt, dass der US-Geheimdienst im großen Stil deutsche Bürger und Einrichtungen überwacht haben soll.

Lindner verlangte im ZDF-„Morgenmagazin“ von Friedrich, Klarheit über Umfang und Zweck des Datensammelns zu schaffen. Die Bürger hätten ein Grundrecht auf Privatheit. „Wenn Sie mich fragen, ob ich glaube, dass Herr Friedrich diesen Erwartungen entsprechen kann, dann bin ich aber skeptisch. Ich glaube, das braucht noch einen längeren Prozess.“ SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach im Deutschlandradio Kultur von „Schaugesprächen“.

Die USA drohen weiter mit einer Verschlechterung der Beziehungen, falls Russland Snowden Asyl gewährt. Man fordere weiter seine Ausweisung, betonte Regierungssprecher Jay Carney. Politisches Asyl durch Moskau sei „unvereinbar mit der russischen Versicherung, keine Verschlechterung der Beziehungen durch Snowden zu wollen“. Snowden habe schwere Verbrechen begangen, er müsse in den USA vor Gericht.

Der „Washington Post“ zufolge ist der US-Geheimdienst NSA beunruhigt, dass Snowden sensible Akten über chinesische Spitzenpolitiker und andere wichtige Ziele veröffentlichen könnte.

Das Thema Datenschutz spielte auch zum Abschluss der ersten Verhandlungsrunde über eine Freihandelszone zwischen den USA und der EU eine Rolle. „Wie werden in dieser Frage nicht nachgeben“, sagte der EU-Verhandlungsführer Ignacio Garcia Bercero in Washington. Europäische Datenschutz-Standards dürften nicht infrage gestellt werden. Zuvor hatten deutsche Politiker aus Ärger über den US-Spähskandal gefordert, die Handelsgespräche zu boykottieren. Es geht um die weltweit größte Freihandelszone mit rund 800 Millionen Einwohnern. Die Verhandlungen dürften Jahre dauern. dpa

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