Berlin (dpa) - Zum Schutz vor Terrorangriffen mit Pockenviren wollen Bund und Länder für alle rund 80 Millionen Bürger Impfreserven anlegen. Bis Ende 2003 werde Deutschland seinen Impfvorrat auf 100 Millionen Dosen aufstocken, kündigte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am Mittwoch in Berlin an. Bis 1. April will die Regierung den Vorrat zunächst auf 66 Millionen Dosen ausbauen. Die Bundesländer wollen dann noch weitere 34 Millionen Dosen zukaufen.

Unterdessen begann die in Deutschland stationierte US-Armee mit Schutzimpfungen. Nach Angaben einer Sprecherin in Heidelberg wurde das Programm im US-Stützpunkt Landstuhl in Rheinland-Pfalz gestartet. Geimpft werde zunächst vor allem das medizinische Personal und nicht die Truppe. Der Kommandierende General der US-Landstreitkräfte in Europa, Burwell Bell, sei bereits am Sonntag geimpft worden.

Deutschland plant dagegen keine vorsorglichen Reihenimpfungen. Erst beim Auftreten eines Pockenfalls solle mit Impfungen begonnen werden - zunächst bei Ärzten sowie Hilfs- und Rettungspersonal, sagte Schmidt. Infizierte können noch mehrere Tage nachgeimpft werden. Schmidt wandte sich gegen Panikmache. Niemand gehe derzeit von einer «realen Gefährdung» durch Pocken aus. Deutschland sei mit den Impfvorräten gut für den Ernstfall «gerüstet».

Zum Preis der Impfdosen machte Schmidt keine Angaben. Inoffiziell war von 160 Millionen Euro die Rede. Frühere Impfungen wirken zwar noch über Jahrzehnte, ihr Schutz lässt aber nach. Einige Bundesländer planen Schulungen, um ausgewählte Ärzte wieder mit Krankheitsbild und Impfmethode vertraut zu machen. Nach Frühsymptomen wie Fieber und Müdigkeit verursacht das Pockenvirus den charakteristischen Ausschlag vor allem im Gesicht und an Armen und Beinen.

Pocken zählen zu den ältesten und gefährlichsten Biowaffen. Sie gelten aber seit 1980 als ausgerottet. Der letzte Pockenfall weltweit wurde 1979 registriert. Eine Impfpflicht gibt es nicht mehr. Nach offiziellen Angaben werden nur noch in zwei Hochsicherheitslabors in den USA und in Russland Pockenviren aufbewahrt. Niemand will allerdings völlig ausschließen, dass die gefährlichen Erreger in falsche Hände geraten sein könnten.

Nach dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 haben sich fast alle westlichen Staaten gegen einen Anschlag mit Pockenviren gewappnet. Die Viren gelten als hochansteckend. So warnte die EU-Kommission im November 2001: «Wenn beispielsweise irgendwo auf der Welt eine Pockenepidemie ausbricht, sind sämtliche Länder weltweit gefährdet.» Die Pocken breiten sich über kleinste Tröpfchen beim Sprechen, Husten oder Niesen von Mensch zu Mensch aus. Auch über Kleider oder Decken von Erkrankten kann die Krankheit übertragen werden.