Berlin. Frankreich unterstützt junge Eltern großzügig, in den USA sind sie meist auf sich gestellt. Wo steht Deutschland im Länder-Vergleich?

Kein Elterngeld mehr für wohlhabende Paare – der Plan der Bundesregierung hat einen Streit um die Förderung von Familien entfacht. Wer über ein zu versteuerndes Familieneinkommen von mehr als 150.000 Euro verfügt, soll künftig von dieser familienpolitischen Leistung ausgenommen werden. Elternzeit, Elterngeld, Kinderbetreuung – wo steht Deutschland im internationalen Vergleich?

Niederlande: Seit dem Sommer gibt es Elterngeld

Bis vor kurzem hatten Arbeitnehmer in den Niederlanden in der Regel Anspruch auf bis zu einem halben Jahr unbezahlte Elternzeit, solange ihr Kind jünger als acht Jahre ist. Seit letztem Sommer gibt es nun auch Elterngeld: Maximal wird nun neun Wochen lang Elterngeld in Höhe von bis zu 70 Prozent des regulären Gehalts (maximal etwa 2500 Euro) gezahlt, möglich ist auch bloß eine geringere Arbeitszeit mit entsprechendem Gehaltsausgleich; außerdem erwirbt der Arbeitnehmer in der Zeit auch die üblichen Urlaubsansprüche. Die Neuregelung gilt aber nur im ersten Jahr nach der Geburt des Kindes; der restliche Elternzeit-Anspruch bleibt unbezahlt.

Unabhängig von der Elternzeit wird nicht nur Mutterschaftsurlaub (zehn Wochen) gewährt, sondern auch ein zusätzlicher Geburtsurlaub für Partner – eine Woche zahlt der Arbeitgeber das Gehalt des Partners weiter, für maximal fünf weitere Wochen innerhalb des ersten halben Jahres nach der Geburt übernimmt der Staat bis zu 70 Prozent des Gehaltes. Es ist üblich, dass Mütter direkt nach dem Mutterschutz (meist 4 Monate nach der Geburt) wieder arbeiten gehen. Vor allem in den Städten wird Kinderbetreuung daher schon ab dem Säuglingsalter angeboten; die Wartelisten können lang sein.

Italien: Zehn Tage bezahlten Elternurlaub für den Vater

Italien liegt mit einer Geburtenrate von 1,2 Kindern pro Frau im europäischen Vergleich ganz hinten. Elterngeld gibt es nicht. Das monatliche Kindergeld variiert je nach Familieneinkommen. Beim ersten Kind liegt es zwischen 50 und 175 Euro. Die Familienbeihilfe wird schon ab dem 7. Schwangerschaftsmonat gezahlt - bis das Kind 21 Jahre alt ist. Der Leistungsbetrag ist auch einkommensabhängig. Schwangere können bis zum Tag der Geburt arbeiten gehen und nach der Geburt die fünf Monate obligatorischen Mutterschaftsurlaub in Anspruch nehmen. Vätern stehen zehn bezahlte Tage im Zeitraum ab zwei Monaten vor dem voraussichtlichen Geburtstermin und innerhalb fünf Monate nach der Geburt zu.

Während des fünfmonatigen Mutterschutzes erhält die Mutter 80 Prozent ihres Lohns. Ein Vater hat in Italien Anspruch auf zehn Tage bezahlten Urlaub. Eine zusätzliche Elternzeit von maximal sechs Monaten kann beantragt werden, wird aber nur mit einer verringerten Lohnersatzleistung von 30 Prozent unterstützt. Krippenplätze sind in Italien Mangelware. Es gibt keinen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Der Staat gibt Kindergarten-Gutscheine: ein jährlicher Betrag von 3000 Euro wird Familien gewährt mit einem Einkommen von unter 25.000 Euro.

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Frankreich hat eine vergleichsweise hohe Geburtenrate. Warum wohl?

Die Geburtenrate liegt im Durchschnitt bei 1,83 Kinder pro Frau, ein vergleichsweise hoher Wert, was vermutlich auch an den vielen Hilfen liegt, die Eltern in Frankreich bekommen. Elterngeld gehört dazu. Die Unterstützung beginnt mit der Säuglingsbeihilfe (300 Euro), die unabhängig vom Einkommen ab dem dritten Schwangerschaftsmonat und bis drei Monate nach der Geburt gezahlt wird. Kindergeld, dessen Höhe einkommensabhängig ist, erhalten Familien ab der Geburt des ersten Kindes. Es steigt bei weiteren Kindern und deren zunehmendem Alter.

Weitere Leistungen sind Nachlässe auf die Einkommenssteuer und bei der Berufstätigkeit beider Eltern winken Steuererleichterungen für Kinderkrippen, Tagesmütter oder die Betreuung daheim. Das Elterngeld in Frankreich ist Teil eines PAJE genannten Leistungspakets, die allen Familien gewährt wird, deren Kinder jünger als drei Jahre sind. Väter haben Anspruch auf maximal 12 Monate Erziehungszeit, Mütter beim ersten Kind 16 Monate, ab dem dritten 26 Monate. Die Sozialkasse übernimmt die Lohnersatzleistung mit maximal 3000 Euro. Prinzipiell gilt, dass Frankreich sich seine aufwendige Familienpolitik sehr viel Geld kosten lässt, nämlich rund 90 Milliarden Euro pro Jahr, was 4,4 Prozent des Bruttosozialprodukts ausmacht und europäische Spitze ist.

Ein Baby verändert alles - auch das Familienbudget.
Ein Baby verändert alles - auch das Familienbudget. © iStock | istock

Österreich: Auf dem Land ist die Kinderbetreuung nach wie vor schwierig

Grundsätzlich ist es so, dass beide Elternteile in Österreich Elterngeld beanspruchen können. Kombiniert wird die Auszahlung mit einer Elternkarenz – einer Auszeit, die arbeitsrechtlich abgesichert ist. Der Bezug der Transferleistungen ist dabei flexibel geregelt. Gewählt werden kann eine Dauer von 12 bis 28 Monate, wenn nur ein Elternteil das Elterngeld und damit auch die Elternkarenz in Anspruch nimmt; oder flexibel von 15 bis 35 Monate, wenn beide Elternteile Elterngeld und Elternkarenz nehmen. Je nach Dauer variiert demnach die Höhe des Geldes: In der kürzesten Variante sind es 35,85 Euro pro Tag, in der längsten Variante sind es 15,38 Euro pro Tag. Es besteht zudem die Möglichkeit eines Zuverdienstes von bis zu 60 Prozent der Letzteinkünfte.

Die Kinderbetreuung liegt in der Verantwortung der Länder: In Wien ist der Besuch eines Kindergartens prinzipiell von der Stadt gefördert. Die Kindergärten sind ganztägig geöffnet. In ländlichen Regionen ist das anders. Mitunter haben die Einrichtungen sogar nachmittags geschlossen. Die Kinderbetreuung fällt damit meist auf Frauen zurück – die damit vor allem in ländlichen Regionen in schlecht bezahlten Teilzeitjobs landen.

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Großbritannien: Väter bekommen eine deutlich kürzere Auszeit fürs Baby

In Großbritannien gibt es kein Elterngeld. Festangestellte Mütter haben gesetzlichen Anspruch auf insgesamt 52 Wochen Mutterschaftsurlaub, davon sind 39 Wochen bezahlt. In den ersten sechs Wochen erhält eine Mutter 90 Prozent ihres Brutto-Gehalts. Danach ist das Mutterschaftsgeld auf 172 Pfund (knapp 200 Euro) pro Woche beschränkt. Wer weniger verdient, erhält 90 Prozent des normalen Gehalts. Die restlichen Wochen des Mutterschaftsurlaubs bleiben unbezahlt. Väter haben eine deutlich kürzere Auszeit: Sie können auswählen zwischen einer oder zwei Wochen Vaterschaftsurlaub. Die Bezahlung in dieser Zeit beträgt ebenfalls 172 Pfund pro Woche.

Ziemlich teuer wird es für britische Eltern, wenn sie zurück zur Arbeit gehen und ihren Spross in die Betreuung schicken. Der Staat subventioniert Kita-Kosten erst, wenn das Kind drei Jahre alt ist (wobei es für Sozialhilfeempfänger besondere Regelungen gibt). Kitas sind unterschiedlich teuer, aber im Durchschnitt müssen Eltern, die ihr Kind an fünf Tagen in die Betreuung schicken, etwa 1000 Pfund pro Monat locker machen, also 1150 Euro. Immerhin können die Knirpse bereits mit vier Jahren in die Schule geschickt werden – und die ist kostenlos.

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Schweden: Das Mutterland der Elternzeit

Schweden ist das Mutterland der Elternzeit. Es sorgte 1974 für weltweites Aufsehen, als es als erste Nation die so Mutterschaftsversicherung durch Elternurlaub ersetzte, den sowohl der Vater als auch die Mutter beanspruchen können. Auch beim Elterngeld sind sie in Sachen Gleichberechtigung im europäischen Vergleich mit an der Spitze. Heute haben Eltern das Recht, 480 Tage bezahlten Elternurlaub zu nehmen und 1,5 Jahre unbezahlten.

Insgesamt darf Elterngeld bis zum 12. Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden. Für die ersten 390 Tage wird das Elterngeld in Höhe des Krankengelds gezahlt, d.h. zwischen 250 und 1027 Schwedische Kronen (zwischen 21,62 und 88,83 Euro) pro Tag, während an den verbleibenden 90 Tagen 180 Kronen (15,57 Euro) pro Tag gezahlt werden. 90 Tage muss der Mann nehmen, sonst verfallen sie. Die Regelung hat dazu geführt, dass immer mehr schwedische Väter Elternzeit nehmen. Doch ein Gleichgewicht besteht nicht. Rund 30 Prozent der Tage werden von Vätern in Anspruch genommen. 70 Prozent von Frauen. In Schweden ist es gang und gäbe, die Kinder mit einem Jahr in den ganztägigen Kindergarten zu bringen. Die Geburtenrate liegt bei 1,67 Kinder pro Frau.

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USA: Elterngeld gibt es nicht, viele Eltern sich auf sich gestellt

Direkte monatliche Zuschüsse, die sich nach der Zahl der Kinder bemessen, erhalten Familien in den USA nicht – auch kein Elterngeld. Auf Bundesebene werden stattdessen Steuernachlässe angeboten. So können erwerbstätige Eltern jedes Jahr bis zu 35 Prozent der Kosten der Kinderbetreuung von der Einkommenssteuer absetzen und damit bis zu 6000 Dollar sparen. Darüber hinaus fließen Gelder aus Washington an die einzelnen Bundesstaaten, die mit verschiedenen Programmen Familien unterstützen. Zudem finanzieren sowohl das Bundesbildungsministerium als auch die 50 Staaten Sonderdienste, die öffentliche ebenso wie private Schulen ärmeren Familien zur Verfügung stellen, beispielsweise die Fahrdienste und Betreuung der Kinder.

Die gesetzlich garantierte Elternzeit, während derer Mütter und Väter Kündigungsschutz genießen, liegt in den USA bei Beamten, die für den Bund arbeiten, bei 12 Wochen pro Jahr, die sofort nach der Geburt des Kindes in Anspruch genommen werden müssen. Im Privatsektor hingegen gibt es keinen Anspruch auf Elternzeit, sie kann freiwillig erfolgen und steht nur einem Viertel aller Beschäftigten zur Verfügung.

Staatliche LeistungKindergeld
EmpfängerErziehungsberechtigte, in Ausnahmefällen Kinder selbst
Höhe250 Euro pro Kind
Dauerab der Geburt, höchstens bis zum 25. Geburtstag
Ausgaben des StaatsInsgesamt 47,9 Milliarden (2022 in Deutschland)