Wolfsburg. Der Städtetag trifft sich im Wolfsburger Rathaus. In Kommunen wird seit längerem von Schicksalsjahren der kommunalen Ebene gesprochen.

Schule, Kita, Krankenhaus und Müllabfuhr - die niedersächsischen Kommunen haben erneut auf ihre finanzielle Überforderung hingewiesen. „Bund und Land erdrücken uns immer mehr mit Aufgaben“, sagte Städtetags-Präsident Frank Klingebiel (CDU) am Mittwoch in Wolfsburg. Dort hatte zuvor das Präsidium über drängende Probleme aus kommunaler Sicht beraten.

Die kommunalen Haushalte für 2023 seien fast alle defizitär, Tendenz steigend, sagte der Oberbürgermeister von Salzgitter. Die Lücken seien aber überwiegend durch die Erfüllung von staatlichen Pflichtaufgaben wie Betreuung, Bildung und Flüchtlingsarbeit entstanden. Das Gremium mit kommunalen Spitzenvertretern fordert: „Wir müssen uns auf das besinnen, was umsetzbar ist“. Ein Überblick:

Das Land muss Geld für Ganztagsbetreuung geben

Den geplanten Rechtsanspruch für Ganztagsbetreuung finden die Kommunen richtig. Die Betreuung sollte auch in Schulen stattfinden. Dafür müsse das Land aber die nötigen Gelder geben, sagte Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD). Die Gespräche zur Finanzierung entwickeln sich ihm zufolge aber nicht in die richtige Richtung. Das Land wolle das dem Bund überlassen, kritisierte Krogmann. Das führe zu vielen Problemen.

Angesichts der Notsituationen in vielen Kitas sei eine dritte Kraft richtig. „Wir finden aber die zweite Kraft schon nicht mehr“, sagte Klingebiel. Das liege an den geforderten Qualifikationen. Die Fachkräfte mit entsprechenden Nachweisen seien auf dem Markt nicht mehr erhältlich. Das führt laut Klingebiel zu verkürzten Betreuungszeiten oder gar geschlossen Kindergärten. Es brauche die Freiheit, auch Eltern, die sich freiwillig betätigen wollen, und Sozialassistenten einsetzen zu können.

Kommunen sollen bei der Flüchtlingsunterbringung entlastet werden

Nach dem Bund-Länder-Gipfel von Anfang November mahnen die Kommunen „substantielle und langfristig finanzielle Entlastung“ bei den Themen mit Flüchtlingsbezug an. Als Beispiel nennen sie die geplante Bezahlkarte, auf der ein Teil der Leistungen für Asylbewerber künftig als Guthaben gewährt werden soll. „Statt einer Umsetzung folgt zunächst die Bildung von Arbeitsgruppen auf allen nur erdenklichen Ebenen“, sagte Klingebiel. Es bestehe die Gefahr, dass die Chance zur schnellen und kraftvollen Umsetzung vertan werde.

Nach den Plänen der Regierungschefs von Bund und Ländern soll die Bezahlkarte den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen minimieren. Bis zum 31. Januar 2024 soll dafür ein Modell erarbeitet werden. Wenn Bund, Länder und Kommunen die Probleme jetzt nicht schnell gemeinsam angehen, droht laut Klingebiel eine gemeinsame Quittung an der Wahlurne.

Die Verteilung von Flüchtlingen sollte aus Sicht der Kommunen bereits an den Grenzen passieren. Dort sollte das Bleiberecht geprüft und dann in Europa verteilt werden. „Wenn es nur Deutschland macht, wird es nicht gehen“, sagte Klingebiel.

Politiker kritisieren Bauordnung

An der geplanten Änderung in der Bauordnung durch die rot-grüne Landesregierung stört die Kommunalpolitiker vor allem ein Punkt. „Die vorgesehene Stellplatzpflicht für Wohngebäude in der Bauordnung zu streichen, ist der völlig falsche Weg“, sagte Klingebiel. Den Städten und Gemeinden wird ihm zufolge damit die Hoheit entzogen, vor Ort Entscheidung für die Menschen nach deren Bedürfnissen zu gestalten und von Bauherren beispielsweise Fahrradstellplätze, E-Ladesäulen oder Mobilitätskonzepte anstelle von PKW-Stellplätzen zu verlangen.

Die Landesregierung hatte jüngst ihre Pläne zur Vereinfachung des Bauens vorgestellt. Das Änderungsgesetz der entsprechenden Bauordnung sehe unter anderem vor, dass bei der Errichtung von Wohngebäuden die Pflicht für Autostellplätze entfällt. Hingegen soll es eine Pflicht für Fahrradabstellanlagen für Wohngebäude geben.

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Aus Sicht der Stadtoberhäupter werde häufig verkannt, dass die Stellplatzpflicht oft gar nicht mehr Autoparkplätzen führe. Sie sei aber ein Hebel, um Fahrradanlagen oder Zeitkarten für den ÖPNV, E-Bikes oder Lastenfahrräder zu verlangen. Die Bauherren dabei zu entlasten, werde der Mobilitätswende nicht guttun und die öffentliche Hand zusätzlich finanziell belasten, sagte Krogmann.

Deutschlandticket belastet Haushalte

Das Ticket ist nach Ansicht von Klingebiel grundsätzlich richtig. Bei der Einführung sei von Kommunen aber daraufhin gewiesen worden, dass Bedarfe entstehen. Es brauche dafür Züge, Busse, die Fahrer sowie gute Strecken. „Das ist alles nicht mitgedacht worden und jetzt will man sich aus der Finanzierung verabschieden“, kritisierte Klingebiel. Wenn die Kosten des Nahverkehrs auf kommunaler Ebene getragen werden sollen, gehen die Haushalte dem Städtetags-Präsidium zufolge in die Knie.