Lüneburg. In Hannover wurde die Ausgangssperre aufgehoben – nun fragen sich viele, wie es in ihrer Region weitergeht. Weitere Eilanträge werden folgen.

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg zur Ausgangssperre in Hannover könnte Signalwirkung haben. Am Tag nach der Entscheidung, wonach die Ausgangsbeschränkung keine notwendige Schutzmaßnahme sei, da sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, ging beim OVG die nächste Beschwerde aus dem Landkreis Celle ein.

Dort hatte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom Dienstag den Eilantrag gegen die Ausgangssperre abgelehnt. Und aus der Stadt Osnabrück wurde eine Beschwerde gegen den ähnlichen erstinstanzlichen Beschluss angekündigt, wie eine OVG-Sprecherin am Mittwoch bestätigte.

Zweifel an der Ausgangssperre

Eine Sprecherin der Landesregierung erklärte, das Land denke darüber nach, den Kommunen eine Handreichung zur Begründung der Ausgangsbeschränkungen zur Verfügung zu stellen. „Da soll zusammengetragen werden, was es bislang an wissenschaftlichen Studien zu Ausgangssperren und ihren Auswirkungen gibt.“

Das OVG hatte erhebliche Zweifel an dem Mittel der Ausgangssperre im Kampf gegen Corona geäußert und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover bestätigt. Die Richter führten an, dass die Rechtsgrundlage im Infektionsschutzgesetz des Bundes liege und nicht nur in den regionalen Corona-Verordnungen. Die Region Hannover hob daraufhin die entsprechende Allgemeinverfügung mit sofortiger Wirkung auf. Zuvor war dort das Verlassen von Wohnungen und Häusern zwischen 22.00 und 5.00 Uhr nur mit triftigem Grund erlaubt. Auch drei weiteren Bürgern aus der Region Hannover hatte das OVG vor der Aufhebung der Sperre am Abend noch Recht gegeben.

Klare Entscheidungskriterien benötigt

Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund reagierte betroffen. „Wir bedauern es sehr, dass es nicht gelungen ist, die Ausgangssperre in der Region Hannover wirksam anzuordnen. Um steigende Infektionszahlen in den Griff zu bekommen, kann die Ausgangssperre ein wirksames Mittel sein, aber dieser schwere Eingriff bedarf einer genauen Güterabwägung“, sagte Thorsten Bullerdiek, Sprecher des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, der Deutschen Presse-Agentur.

Es gelte nun das Urteil genau auszuwerten und die notwendigen Kriterien unter Beachtung des Infektionsgeschehens genau herauszuarbeiten. „Dabei wäre es sehr hilfreich, wenn das Land den Gesundheitsbehörden klare Entscheidungskriterien an die Hand geben könnte“, sagte er weiter. Und Städtetagspräsident Ulrich Mädge kündigte an: „Gemeinsam mit dem Land werden die Kommunen nun den Beschluss prüfen und erörtern, ob und wenn ja, welche Konsequenzen daraus gezogen werden.“

Durchsetzung von Abstands- und Hygieneregeln

Die Grünen bewerten den OVG-Beschluss als krachende Niederlage für die Landesregierung. „Jetzt rächt sich das planlose Agieren von Landesregierung und Region. Offensichtlich sind die Vorgaben, die die Regierung den Kommunen macht, zu unkonkret, um rechtssicher umgesetzt werden zu können“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Helge Limburg.

Statt flächendeckender Ausgangsbeschränkungen, die alle Bürgerinnen und Bürger pauschal treffen, wären gezielte Maßnahmen wie flächendeckende Tests in Betrieben, Kitas und Schulen angezeigt. Dazu müsse auch eine Durchsetzung von Abstands- und Hygieneregeln in sämtlichen Betrieben gehören. Die Schlachtindustrie zum Beispiel werde von der Landesregierung nach wie vor mit Samthandschuhen angefasst, was zu vielen Infektionen führe.

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