Hannover. Fleischbranche, Schlachthöfe und immer neue Skandale – aber der neue niedersächsische Verbraucherschutzbericht hält noch mehr bereit.

Missstände an Niedersachsens Schlachthöfen? Seit langem bekannt. Hygiene in der Gastronomie? Ein heikles Thema, erst recht in der Coronavirus-Pandemie. Erfrischungsgetränke mit zu viel Zucker? Das hört mancher nicht so gern. Ergebnisse der amtlichen Überwachung von Lebensmitteln und anderen Produkten des vergangenen Jahres legt Niedersachsens Verbraucherschutzministerin Barbara Otte-Kinast am Freitag mit dem Verbraucherschutzbericht vor. Dann gibt es auch die Ergebnisse der Kommunen und des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.

Kürzlich hatte die CDU-Politikerin gesagt, die Landesregierung entwickle einen Datenschutz-Leitfaden für die Kameraüberwachung auf Schlachthöfen. „Damit sind die Betriebe rechtlich auf der sicheren Seite, und ich hoffe, dass wir damit beim Tierschutz einen Schritt weiter kommen“, sagte sie.

Was war der Schwerpunkt des Verbraucherschutzberichtes vor einem Jahr – und was ist aus den Plänen geworden?

Vor einem Jahr forderten die Veterinärbehörden eine permanente Videoüberwachung von Schlachtbetrieben. Damals sagte der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages, Hubert Meyer: „Das würde dazu führen, dass die Verantwortlichen vor Ort per se vorsichtiger mit den Tieren umgehen, wenn sie wissen, dass ihnen jemand auf die Finger schaut.“ Auf Initiative Niedersachsens hatte der Bundesrat die verpflichtende Videoüberwachung auf Schlachthöfen auf den Weg gebracht, dies scheiterte allerdings zunächst an Datenschutzbedenken – daher der neue Datenschutz-Leitfaden.

Als Konsequenz aus Fällen von Tierquälerei hatten Landesregierung und Schlachtbranche im Februar 2019 eine freiwillige Vereinbarung getroffen, um die Kameraüberwachung einzuführen. Auch gegen Missstände bei Tiertransporten wollten die Behörden der Landkreise leichter vorgehen können.

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Was sind die Schwerpunkte des neuen Verbraucherschutzberichtes?

In dem Bericht geht es um Ergebnisse der Kontrollen und Probenahmen bei Herstellern und Transporteuren, im Einzelhandel und in der Gastronomie. Informiert wird auch über die Sicherheit von Futtermitteln und Entwicklungen bei Tierschutz, Tiergesundheit und Tierarzneimitteln. Zu den einzelnen Themen des Berichts gehören auch der viele Zucker in Erfrischungsgetränken, der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung und der Trend zu E-Zigaretten als vermeintlich gesünderer Alternative zu normalen Zigaretten. Außerdem befasst sich der Bericht mit möglichen Kostenfallen im Online-Handel.

Was ergaben die Kontrollen laut Verbraucherschutzbericht vom vergangenen Jahr?

Bei Kontrollen von Kantinen, Gaststätten und Supermärkten im vergangenen Jahr wurden in jedem zweiten Fall Verstöße festgestellt. Dabei ging es fast immer nicht um schwerwiegende Probleme, sondern um Hygienemängel, technische Mängel oder Fehler bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln. Landesweit gab es knapp 62.000 Kontrollen, dabei kam es zu 467 schriftlichen Verwarnungen, 534 Bußgeld- und 105 Strafverfahren. Meyer kritisierte nun, die Verstöße gegen die Betriebshygiene hätten zugenommen. Nachlässigkeiten an dieser Stelle dürften nicht zugelassen werden.

Wie entwickelte sich die Zahl der Kontrollen in den vergangenen Jahren?

Sie sinkt seit Jahren – leicht, aber kontinuierlich. Nach früheren Angaben von Meyer liegt das an der wachsenden Zahl der Aufgaben für die Kontrolleure. Die Belastungsgrenze für Kontrolleure und Veterinäre sei erreicht, beklagte er vor einem Jahr. Er sprach sich dafür aus, die Zahl der Mitarbeiter bei kommunalen Veterinärbehörden von bisher rund 1600 um 10 Prozent aufzustocken. Das Land solle zudem das bislang von den Landkreisen finanzierte Budget der Behörden von 23 Millionen Euro um mindestens 10 Millionen Euro erhöhen. Nach Angaben eines Sprechers des Landkreistages sind diese Forderungen noch immer aktuell, das Land habe sich bislang nicht zu einer Aufstockung durchringen können.