Hannover. Während der Krise haben die Schulen Niedersachsens viel improvisiert. Kultusminister Tonne sieht eine Zeit, „die Kraft und Nerven gekostet hat“.

Nach dem wohl außergewöhnlichsten Schuljahr der vergangenen Jahrzehnte starten für mehr als eine Million Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen die Sommerferien. Wegen der Corona-Pandemie gab es monatelang keinen Unterricht im Schulgebäude, keine Klassenarbeiten und keine Sportstunden. Homeschooling lautete das Wort der Stunde. Auch in Bremen starten die sechs Wochen langen Ferien, die in vielen Familien aufgrund von abgesagten Reisen oder Jugendfreizeiten anders werden als sonst.

Nach den vergangenen Monaten sei jetzt Zeit und Gelegenheit, um durchzuatmen, so Tonne

Dank an Schüler und Lehrer: Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne bedankte sich für das Engagement der Schüler und Lehrkräfte. Die Schulschließungen, das Lernen zu Hause, der Verzicht auf Treffen mit Freunden und die vorsichtige Rückkehr in Richtung Normalität habe den Alltag enorm durcheinander gebracht, sagte der SPD-Politiker. „Das hat Kraft und Nerven gekostet und hat von allen Beteiligten sehr viel Flexibilität abverlangt.“ Jetzt sei es Zeit und Gelegenheit, ein wenig durchzuatmen.

„LernRäume“ statt Sommerschule: Das Land stellt rund 4,5 Millionen Euro für das Projekt „LernRäume“ bereit. Schülerinnen und Schüler sollen in außerschulischen Bildungsstätten neue Erfahrungen sammeln, ihren Horizont erweitern oder Kenntnisse vertiefen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Kinderschutzbund begrüßten dieses Vorhaben. Es sei richtig, keine verpflichtende Sommerschule einzurichten, um eventuelle coronabedingte Lücken zu schließen. „Ferien sind Ferien“, sagte der Landesvorsitzende des Kinderschutzbundes, Johannes Schmidt. „Kinder brauchen dringend wieder das Erleben von Freiräumen, vor allem in ihren Köpfen.“

Corona-Zeit als Belastung: Die Schulschließungen und anderen Einschränkungen haben sich nach Beobachtung von Lehrkräften deutlich auf das Wohlbefinden von Kindern ausgewirkt. „Die Kollegen waren überrascht, wie belastet viele Schüler wiederkamen“, sagte die Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Laura Pooth. Den Älteren sei es in der Corona-Zeit schwer gefallen, ihren Alltag zu strukturieren. Schüler, die noch nicht lange in Deutschland leben, sprachen bei der Rückkehr in die Schulen den Angaben zufolge teils schlechter Deutsch als zuvor. Wer keinen eigenen Schreibtisch besitze, habe Schwierigkeiten zu lernen.

Kritik am Krisenmanagement: FDP und Grüne kritisierten die Schulpolitik der rot-schwarzen Landesregierung in der Corona-Zeit. In den vergangenen Monaten sei Bildung mehr denn je abhängig gewesen von den finanziellen Verhältnissen der Familien, sagte der Bildungsexperte der FDP-Landtagsfraktion, Björn Försterling. Die Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit Tablets komme vier Monate zu spät. Die Grünen-Landesvorsitzende Anne Kura sprach von einem „chaotischen Krisenmanagement“ des Kultusministers Tonne. Schulen, Kitas und Eltern benötigten mehr als vage Szenarien für die Zeit nach den Ferien. Der Sozialverband Deutschland (SOVD) kritisierte, dass Kinder mit Behinderungen vergessen werden. Für sie seien mit dem Schulalltag in der Krise wichtige Therapie- und Pflegeangebote weggefallen.

Zeugnistelefon: Niedersachsens Schüler und Eltern konnten sich wegen der Zeugnisvergabe telefonisch psychologisch beraten lassen. Die Schulpsychologen waren bis Mittwochnachmittag zu erreichen. Bei Fragen zur Notenvergabe oder anderen Inhalten des Zeugnisses vermitteln die Servicestellen der Landesschulbehörde in Hannover, Braunschweig, Lüneburg und Osnabrück den passenden Ansprechpartner. Das Thema Corona spielte dabei nach Angaben der Landesschulbehörde keine Rolle.

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