Oldenburg. Videos zeigen Rinder, die unter Stromstößen zusammensacken oder anscheinend ohne adäquate Betäubung abgestochen werden. Der Schlachthof reagiert.

Schon wieder steht ein Schlachthof in der Kritik, schon wieder hat das niedersächsische Agrarministerium Strafanzeige gestellt. Tierschützer werfen dem Betrieb in Oldenburg unter anderem vor, Rinder bei Bewusstsein getötet und mit Elektroschockern malträtiert zu haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz. Die Behörden kündigten schärfere Kontrollen an. Der Schlachthof räumte die Vorwürfe im Grundsatz ein und kündigte Konsequenzen an.

„Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen erreichen uns Bilder von misshandelten Rindern und offenkundigen Verstößen gegen das Tierschutzrecht. Wie hier mit Tieren umgegangen wird, ist in keinster Weise akzeptabel. Ich bin entsetzt, und es macht mich wütend“, sagte Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU). Der Verein Deutsches Tierschutzbüro zeigte am Dienstag Videoaufnahmen, die in dem Schlachthof im September und Oktober mit verdeckter Kamera gefilmt wurden. Einen Ausschnitt davon erhielt auch das Ministerium.

Schlachthof tritt Flucht nach vorne an

Auch der Schlachthof äußerte sich am Dienstag. Die Videoaufnahmen seien schockierend und entsprächen in keiner Weise dem Standard der GK Oldenburg GmbH & Co. KG, hieß es am Dienstag in einem Statement des Schlacht-Unternehmens. „Wir zweifeln weder die Authentizität der Bilder an, noch möchten wir die Vorfälle kleinreden. Im Gegenteil: Wir können nachvollziehen, dass das Deutsche Tierschutzbüro, aber auch die Öffentlichkeit empört über die Vorfälle sind“, teilte GK Oldenburg weiter mit.

Das gesamte Kontrollsystem werde kritisch hinterfragt. In den Videoaufnahmen sei festgestellt worden, dass die Verstöße von per Werkvertrag eingesetzten Beschäftigten begangen worden seien. Diese würden nicht mehr eingesetzt. Zudem würden bereits Alternativen geprüft, die Zusammenarbeit mit dem Subunternehmer schnellstmöglich zu beenden.

Tierschützer fordern Schließung des Schlachthofes

Für den Vorstandsvorsitzenden des Vereins Tierschutzbüro, Jan Peifer, ist die Faktenlage unstrittig: „Aus unserer Sicht zeigt das Material klare und schwerwiegende Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und Straftaten.“ Er forderte die sofortige Schließung des Schlachthofs.

Laut Ministerium wird das Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) nun die Zuverlässigkeit des Lebensmittelunternehmers prüfen und gegebenenfalls ein Verfahren zum Entzug oder zum Ruhen der Zulassung einleiten. Ein Veterinär des Laves werde zudem für mindestens eine Woche während des Schlachtbetriebes die Bereiche des Zutriebs, der Betäubung und der Tötung überwachen. Dies geschehe in Abstimmung und auf Bitten der Stadt Oldenburg im Rahmen der Amtshilfe.

Kamerasysteme für Schlachthöfe gefordert

Auf Bundesebene setzte die Ministerin sich für verbindliche Kamerasysteme in Schlachthöfen in den Bereichen Schlachtung, Betäubung und Zutrieb ein. Sie lasse derzeit juristisch prüfen, ob es Möglichkeiten gebe, solche Systeme anordnen zu lassen. Der Oldenburger Schlachthof schlachtet seinem Internetauftritt zufolge jährlich 90 000 Rinder und ist auch für Bio-Fleisch zertifiziert.

Erst Mitte Oktober hatten Bilder von angeblich gequälten Tieren in einem Schlachthof in Bad Iburg (Kreis Osnabrück) für Erschütterung gesorgt. Das Agrarministerium stellte Strafanzeige, der Landkreis legte den Betrieb still. Das Unternehmen ist inzwischen aufgelöst.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht nur gegen diesen Schlachthof, sondern auch gegen zwei Tierärzte, die diesen kontrolliert hatten. Auch die Stadt Oldenburg überprüft jetzt, ob auf den Videoaufnahmen der Tierschützer Mitarbeiter der Stadt zu sehen sind, die bei möglichen Verstößen anwesend gewesen sein könnten.