Helmstedt.

Was könnte für ein weiteres Gewerbegebiet in unserer Region sprechen? Gewiss nicht der Umstand, dass die Städte Braunschweig und Wolfsburg Gewerbeflächen benötigen und die Kreise Helmstedt und Wolfenbüttel Steuer-Einnahmen. Denn wirtschaftliches Wachstum vor allem über Flächenverbrauch generieren zu wollen, diese Strategie ist nicht nur endlich, sie ist auch von gestern. Wir werden die mannigfaltigen Herausforderungen in einer von Ressourcenverschwendung und Klima-Chaos bedrohten Welt nur durch konsequente Reduktion aller Verbräuche und konsumptiven Ansprüche meistern können. Dies vorausgeschickt, spräche die Chance, bei Scheppau etwas Wegweisendes, ja einen Wendepunkt zu kreieren, für das gemeinsame Vorhaben – dessen Realisierung nicht per Machbarkeitsstudie schon gewährleistet wäre.

Noch mehr Logistikhallen in Autobahnnähe hochzuziehen und mit nettem Begleitgrün aufzuhübschen, darum darf es im Fall Scheppau nicht gehen. Dann wäre das Areal in der Tat unter Wert genutzt. Nicht ökonomisch, nicht fiskalisch, aber regional- und gesellschaftsperspektivisch. Wenn Scheppau das Signal und der Beginn einer längst überfälligen interkommunalen Zusammenarbeit wäre, die über das Zusammenlegen von Standesämtern und Bauhöfen endlich einmal hinausgeht und die Form einer ernsthaften, zu Einschnitten fähigen Zukunftsgestaltung annehmen würde, dann wäre etwas existenziell Wichtiges gewonnen.

Scheppau ließe sich nur als Modellvorhaben mit nachhaltiger Wirkung rechtfertigen, das einen Prozess des Umdenkens am konkreten Objekt einleitet und engagierte Bürger:innen und kreative Initiativen einbindet. Ein Gewerbegebiet als Abschied von der Idee der Gewerbegebiete, das klingt versponnen, hochtrabend und schwer vermittel- wie umsetzbar. Aber wann, wie und wo wollen wir anfangen mit der Umkehr? Es geht nur gemeinsam und es muss bald geschehen. Am konkreten Beispiel.

Dabei ist eine holistische Betrachtung unabdingbar und sie ist um so besser zu leisten, je mehr Partner sich einbringen. Die Pandemie hat den Online-Handel gestärkt, der stationäre Handel – vorher schon angeschlagen – wird als Verlierer aus ihr hervorgehen. Mit Leerständen und Vorboten einer Verödung haben alle Städte in unserer Region zu kämpfen. Wenn Kommunen also immer neue Flächen auch für Logistikzentren ausweisen, dann beschleunigen sie diese Entwicklung wahrscheinlich. Von holistischer oder systemischer Betrachtung der Wechselwirkungen könnte keine Rede sein. Die Situation ist komplex und vertrackt und sie ruft nach neuen Lösungen. Scheppau als Labor, Scheppau als Forum, Scheppau als Anfang, das könnte Sinn ergeben.