Braunschweig.

Wenn sich vor deutschen Discountern schon morgens um 7 Uhr Schlangen bilden, ist etwas in Unwucht geraten. Nach dem Klopapier-Ansturm im ersten Lockdown stehen die Menschen jetzt an, um bei Aldi und Co. Antigen-Schnelltests zu kaufen. Tests, die ihnen seit Wochen von der Politik versprochen werden. Aber großen Worten folgten keine Taten. Wiederholt schafft die Liebe der Deutschen zur Planbarkeit in der Pandemie Hürden, die Zeit und womöglich auch Menschenleben kosten. Und es zeigt sich: Mit der logistischen Schlagkraft von Großkonzernen wirkt der sich auf seine Sorgfaltspflicht bedachte Staat träge.

Schlimmer: Er ist es. Niemand will die Menschen dafür verurteilen, dass ihnen die Warterei auf Normalität langsam lästig wird. Doch diese Ungeduld birgt Risiken für die, die wir schützen wollen und müssen. Ein Abstrich am Mittag kann mit der nächsten Umarmung hinfällig sein. Die Test sind eine Momentaufnahme mit einer auf wenige Stunden begrenzten Aussagekraft. Nur wer im Moment des Abstrichs eine hohe Viruslast in sich trägt, ist positiv.

Und überhaupt: Wer überprüft, ob der vorgelegte Negativ-Test und der Restaurantbesucher ein und dieselbe Person sind? Die Hoffnungen der Menschen in die Selbsttests sind ohne das kolossale Scheitern der Impfstrategie nicht zu verstehen. Doch sich in falscher Sicherheit zu wiegen, hat uns im Herbst in die schlimmste Phase der Pandemie schlittern lassen. Diesen Fehler sollten wir nicht zweimal machen.