„Auf ein breites Verständnis dürfen die Streikenden zu Beginn der Reisewelle nicht setzen. Im Gegenteil: Sie sind dabei, Sympathien zu verspielen.“

Bei allem Verständnis dafür, dass Beschäftigte des öffentlichen Dienstes ein deutliches Lohnplus fordern – die Inflation reißt tiefe Löcher in die Haushaltskassen und trifft vor allem Arbeitnehmer mit mittleren und niedrigen Einkommen hart. Aber diesmal überziehen die Gewerkschaften. Verdi und die Eisenbahnergewerkschaft EVG setzen auf maximale Eskalation, wenn sie den Verkehr deutschlandweit weitgehend lahmlegen, ausgerechnet zu Beginn der Osterferien – und das, obwohl die Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern noch laufen und es sich lediglich um einen Warnstreik handelt.

Die Leidtragenden der Streiks waren bisher Mütter und Väter, die ihre Kinder nicht in die Kitas bringen konnten. Menschen, die ohne Bus und Bahn nicht zur Arbeit oder zur Schule kamen. Und nun sind es Familien oder Reisende, die sich auf ihren Urlaub gefreut haben und jetzt am Flughafen stranden.

Ein Streik muss weh tun, damit er Wirkung zeigt. Aber hier scheint das Kalkül klar zu sein: Verdi verliert seit Jahren Mitglieder, gut 700.000 in den letzten 20 Jahren. Mit Hilfe der Warnstreiks gewinnt die Gewerkschaft neue dazu. Und Verdi-Chef Frank Werneke stellt sich im September der Wiederwahl: Ein guter Tarifabschluss und ein Mitgliederzuwachs könnten ihm dabei in die Karten spielen. Auf ein breites Verständnis dürfen die Streikenden zu Beginn der Reisewelle aber nicht setzen. Im Gegenteil: Sie sind dabei, Sympathien zu verspielen. Zu viel ist einfach zu viel.