„In unserer Gesellschaft breitet sich eine Selbstgerechtigkeit ideologisch aufgeladener und in moralischer Selbsterhöhung verirrter Menschen aus.“

Corona-Leugner, die keine Maske tragen und sich mit Polizisten prügeln, Greenpeace-Aktivisten, die Autoschlüssel klauen und nun beim Fußball-EM-Spiel in München völlig Unbeteiligte verletzen,Antifa-Vertreter, die von Passanten eine Erklärung erwarten, ob sie eine Veranstaltung der AfD besuchen, und ihnen wie mir als neutralem Berichterstatter in Braunschweig den Weg versperren, wenn ihnen die Information verweigert wird...

In unserer Gesellschaft breitet sich eine wirklich fiese Selbstgerechtigkeit ideologisch aufgeladener und in moralischer Selbsterhöhung verirrter Menschen aus, die enormen gesellschaftlichen Sprengstoff birgt. Sie fordern zwar das Akzeptieren, ja sogar den Führungsanspruch ihrer eigenen Position, sind gegenüber anderen Meinungen und Einstellungen aber entsetzlich unfrei und verkrampft.

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Unsere Gesellschaft läuft Gefahr, zu einer Diktatur der Minderheiten zu werden

Das Perfide: Sie bekämpfen das System, das es ihnen erst ermöglicht, sich so frei äußern zu können. Die Gefahr dabei besteht auf verschiedenen Ebenen: Erstens: Unsere Gesellschaft läuft Gefahr, zu einer Diktatur der Minderheiten zu werden, die aus oben genannten Gründen nicht bereit sind, demokratisch formulierte Regeln zu akzeptieren, das politische Klima und die Streitkultur vergiften. Zweitens: Organisationen wie Greenpeace haftet nach wie vor etwas Robin-Hood-Haftes an. Das ist gerade für jüngere Menschen sexy, das verspricht Widerstands-Rock’n’Roll und hat damit Vorbildcharakter. Das Missachten der Gesetze eines demokratischen Staates darf aber kein Vorbild sein – schon gar nicht, wenn Organisationen wie Greenpeace als gemeinnütziger Verein mit steuerlichen Vorteilen firmieren.

Drittens droht eine Spirale der Aktions-Eskalation. Mit der Zeit tritt auch bei Protesten ein Gewöhnungseffekt ein. Aktivisten und Organisationen müssen daher die Aktionsschraube immer ein Stück weiterdrehen, um wahrgenommen zu werden. Wo aber sind die Grenzen? Machen wir so weiter, zählt irgendwann nur noch das Gesetz des Stärkeren und Lautesten. Besser wären Abkühlung, Sachlichkeit, Argumente, eine erwachsende Streitkultur ohne Stigmatisierung, Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik, die das tun, was sie sagen, und etwas weniger „Ich“.