„Es ist überfällig, dass der Finanzminister die Auszahlungsregeln für das EU-Kindergeld nun verschärfen will.“

Manchmal gibt es bittere Wahrheiten, die ungeschminkt auf den Tisch müssen. „Ich muss mich hier mit Menschen beschäftigen, die ganze Straßenzüge vermüllen und das Rattenproblem verschärfen. Das regt die Bürger auf“, schimpfte der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link unlängst über die bandenmäßige Abzocke bei Kindergeld und anderen Sozialleistungen in Brennpunktvierteln, wo Menschen teils nur zu einem Zweck in abgerockten Häusern und Wohnungen eingepfercht werden: Sozialleistungsbetrug. Harte Worte, von Political Correctness keine Spur.

Wird der Dauerbrenner Kindergeldbetrug thematisiert, kommt stets der Einwand, es werde eine Skandalisierung auf dem Rücken ohnehin ausgegrenzter Menschen betrieben, die Opfer armutsbedingter Migration in Europa seien. Zudem gehe es nur um einen Bruchteil der Kindergeldempfänger aus dem EU-Ausland. Ja, in 95 oder 97 Prozent der mehr als 260.000 Fälle, in denen deutsches Kindergeld jeden Monat an EU-Bürger überwiesen wird, läuft alles nach Recht und Gesetz. Aber selbst wenige Tausend Missbrauchsfälle haben genug Sprengkraft, um das Vertrauen in einen handlungsfähigen Staat zu erschüttern.

Es ist überfällig, dassFinanzminister Olaf Scholz die Auszahlungsregeln für das EU-Kindergeld nun verschärfen will. Der Zoll soll mit Jobcentern, Polizei und Ausländerbehörden Informationen teilen und organisierte Betrügereien zulasten der Sozialkassen aufdecken. Ob chronisch überlastete Zöllner, die bei Mindestlohnkon­trollen quasi als Beifang Kindergeldsünder enttarnen sollen, das in der Praxis schaffen, ist offen. Läuft es gut und die Fälle, in denen Missbrauch unterbunden wird, steigen, kann das den sozialen Frieden in den Kommunen vielleicht ein Stück weit befördern. Scholz darf nach dem ersten Schritt aber nicht stehen bleiben. Er muss in Brüssel eine große Lösung anstreben.