“In Thüringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt ereignen sich doppelt so viele antisemitische Vorfälle wie im Bundesdurchschnitt.“

In Berlin wird jede siebte antisemitische Straftat in Deutschland gemeldet, ein Armutszeugnis für die Hauptstadt. In Thüringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt ereignen sich doppelt so viele antisemitische Vorfälle wie im Bundesdurchschnitt. Es geht um Angriffe, Gewalt und verbale Attacken.

Es herrscht derzeit die schon viel besprochene Stimmung des „das wird man doch noch mal sagen dürfen“. Doch dieses „Sagendürfen“ geht immer weiter. Auf jeden Tabubruch folgt der nächste. Mit Sprachverrohungen fängt alles an. Die Diffamierung, die Delegitimation eines Staates, der Übergriff auf seine Bürger, die Dämonisierung einer Minderheit. So freute sich Innenminister Horst Seehofer jüngst darüber, dass an seinem 69. Geburtstag 69 Flüchtlinge abgeschoben wurden. Was für ein schönes Geschenk! Das hat er mit seiner Aussage vor allem jenen gemacht, die sich regelmäßig abfällig über andere äußern. Denn der Innenminister setzt Maßstäbe. Auch darin, was sich eine Gesellschaft traut, auszusprechen. Ob es sich dabei um die Diffamierung von Flüchtlingen, Schwarzen, Muslimen, Homosexuellen oder eben Juden handelt, macht keinen Unterschied.

Kanzlerin Angela Merkel hat 2012 in ihrer Rede zum Heinz-Galinski-Preis gesagt: „Am Umgang mit Minderheiten entscheidet sich die Menschlichkeit einer Gesellschaft.“ Und nicht nur das, die Entfaltungsfreiheit religiöser und kultureller Minderheiten und die Akzeptanz der Bevölkerung für die empfundene Andersartigkeit seien Gradmesser für den Zustand der Demokratie – sie zitierte dabei Deidre Berger, Direktorin des American Jewish Committee in Berlin, und den Holocaust-Überlebenden Heinz Galinski, der über die Demokratie gesagt hat: „Sie muss täglich erkämpft und verteidigt werden.“ Genau dazu ist und bleibt jeder in unserem Land aufgerufen. Auch 2018 hat sich daran nichts geändert.