“Der Zoll ist unterbesetzt. Firmen, die den Mindestlohn nicht zahlen, müssen kaum mit Sanktionen rechnen.“

Der gesetzliche Mindestlohn wirkt. Seit seiner Einführung 2015 sind die Löhne der Beschäftigten im Niedriglohnsektor deutlich gestiegen. Vor allem Ungelernte im Gastgewerbe oder im Einzelhandel haben von der untersten Lohnschranke enorm profitiert. Das ist nicht nur eineerfreuliche Entwicklung für die Betroffenen, das ist gut für das Allgemeinwesen. Der Staat profitiert von den höheren Sozialabgaben. Außerdem kurbelt das Lohnplus den Konsum in Deutschland an.

Doch das ist leider nur die halbe Wahrheit. Denn einige Arbeitgeber zahlen den Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro trotz der geltenden Gesetzeslage nicht an ihre Beschäftigten aus. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) spricht von 2,2 Millionen Beschäftigten in Deutschland. Dem Staat und den Beschäftigten entgehen durch die Tricksereien 7,6 Milliarden. Eine stolze Summe. Hunderte von Kitas ließen sich mit dem Geld bezahlen. Die Summe ist ein Viertel des Landeshaushalts von Niedersachsen.

Alleine in Niedersachsen sind laut DGB 212 000 Arbeitnehmer betroffen. Diese Arbeitgeber prellen fast neun Prozent aller anspruchsberechtigten Beschäftigten um den Lohn, der ihnen per Gesetz zusteht.

Und der Staat? Schaut nur zu. Der Zoll ist chronisch unterbesetzt. Unternehmer, die den gesetzlichen Mindestlohn nicht auszahlen, haben kaum mit Sanktionen zu rechnen. Die Kontrolldichte ist fast schon lächerlich gering. So kommt es, dass nur etwa ein Prozent der Verstöße gegen das Mindestlohngesetz in Niedersachsen vom Zoll auch tatsächlich aufgedeckt werden. Selbst wenn Unternehmen ertappt werden, haben sie mit einer Geldbuße zu rechnen, die um ein Vielfaches geringer ist als das, was die Unternehmen beim Lohn eingespart haben. Im Bereich des Hauptzollamts Braunschweig waren dies im vergangenen Jahr insgesamt gerade mal 264 000 Euro.

Wenn der Staat es mit dem Mindestlohn wirklich ernst meint, muss er den Zoll personell ganz erheblich aufstocken. Und er muss die Sanktionen bei Verstößen deutlich verstärken.