„Fatih Akins Film ist am NSU kaum interessiert. Der Film ist nicht politisch.“

Die NSU-Morde sind zum Trauma eines weltoffenen Rechtsstaats geworden. Hätten wir jemals irgendwelchen jungen Menschen mitten in Deutschland zugetraut, gefühllos einen Mitmenschen nach dem anderen zu töten, nur weil diese Ausländer sind? Haben wir den Ermittlungsbehörden eine derartig deprimierende Blindheit auf dem rechten Auge, derartig peinliche Schlamperei, derartig rassistischen Eifer auf der falschen Spur (Stichwort: „Dönermorde“) jemals zugetraut?

Es gibt inzwischen einige Filmproduktionen, die sich bemühen, dieses Trauma aufzuarbeiten. Auch Fatih Akin hat in seinem Film „Aus dem Nichts“ einen NSU-Mord thematisiert. Nun bekam er dafür den Golden Globe für den besten ausländischen Film. Der Oscar rückt näher.

Das lässt zunächst staunen: Wieso interessieren sich die Amerikaner und all die anderen Ausländer in dem obskuren Verein der Auslandspresse, welche die Globes vergibt, plötzlich für dieses ekelhafte Kapitel jüngster deutscher Vergangenheit? Ist es der gute alte Nazi-Schauder, der Hollywood schon immer fasziniert hat? Jene ja schon in dem Wort „Untergrund“ angelegten Abgründe des deutschen Wesens, das so schön gruseln macht?

Man muss sagen: nein. Akins Film ist kaum am NSU interessiert, die falschen Ermittlungen werden nur am Rande thematisiert. Die Täter bleiben schematische Hassfiguren. Der Film ist nicht politisch. Es geht Akin um das archaische Verhängnis von Liebe, Gewalt, Wut und Rache. Es ist ein aufwühlender Film. Fast könnte man sagen: ein amerikanischer. Die Mitglieder der Akademie haben gekürt, was sie kennen: ein Drama. Eine Tragödie von antiker Wucht über den Untergang eines Menschen. Das ist stark und groß, aber Lichtjahre entfernt von dem dumpfen Sumpf einer Beate Zschäpe, von der stillen Verzweiflung ihrer Opfer. Daraus ist wohl auch kein großes Kino zu machen.