„Diese Grund-Solidarität mit Israel bedeutet allerdings nicht, dass man alles gut finden muss, was von der dortigen Regierung kommt.“

Um es klar zu sagen: Das Verbrennen israelischer Fahnen und das Skandieren antisemitischer Sprüche ist ein Tabubruch, der nicht akzeptiert werden kann. Nicht im Westen, nicht in Europa und schon gar nicht in Deutschland. Israels Sicherheit gehört zur Staatsräson der Bundesrepublik – das ist glücklicherweise Konsens unter den demokratischen Parteien hierzulande. Das gilt selbstverständlich auch für Flüchtlinge, die bei uns Schutz gefunden haben. Der (Noch-)Grünen-Chef Cem Özdemir hat diese Forderung noch einmal klipp und klar an die Adresse der Migranten erhoben. Das ist gut so.

Diese Grund-Solidarität mit Israel bedeutet allerdings nicht, dass man alles gut finden muss, was von der dortigen Regierung kommt. Israels Premier Benjamin Netanjahu scheint derzeit vor lauter Kraft nicht laufen zu können. Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem an allen internationalen Vereinbarungen vorbei einseitig als Hauptstadt Israels anzuerkennen, hat ihm einen politischen Vitaminstoß verpasst.

Die EU pocht hingegen strikt auf eine Zweistaatenlösung für Israel und Palästina. Das knifflige Jerusalem-Problem, in dem Judentum und Islam aufs Tiefste miteinander verwoben sind, soll erst zum Abschluss von Friedensverhandlungen gelöst werden. Und: Auf Grund dieser komplexen Sachlage wäre es am besten, Jerusalem zur Hauptstadt von Israel (West) und Palästina (Ost) zu machen. Diese Positionierung der EU ist berechtigt, international gibt es hierfür viel Zustimmung. Gleichzeitig muss die Frage der Europäer erlaubt sein, ob eine massive Ausweitung der israelischen Siedlungen im Westjordanland dem Friedensprozess hilft. Lebten in der 1990er-Jahren rund 100 000 Siedler in der „West Bank“, sind es heute mehr als 600 000. Ein Flickenteppich von palästinensischen Rest-Territorien führt jedoch zu Frust und Hoffnungslosigkeit. Eine Basis für Versöhnung ist er nicht.