„Manch einer stellt den Wert eines Tieres über den eines Menschen – mit erschreckenden Auswüchsen. “

Alleine in dieser Woche taten sich in den Polizeimeldungen der Region allerhand menschliche Abgründe auf: Ein Mann schlug in Wolfsburg auf zwei Kinder ein, eine Seniorin wurde brutal überfallen, es wird nach einem Enkeltrickbetrüger gefahndet. Alles in unserer Region, alles binnen weniger Tage. Die vielen Vorfälle, bei denen Menschen „nur“ indirekt zu Schaden kamen, Einbrüche, Fahrerflucht und dergleichen, lassen wir außen vor.

All dies ließ die Empörungskurve nur wenig ansteigen – zumindest im Vergleich zu der Nachricht, dass Unbekannte einen Hundewelpen unter einer Autobahnbrücke ausgesetzt hatten. Ja, dieser Fall regt auf, das Tier war mit Kabelbindern an Schnauze und Beinen sehr eng gefesselt worden. Aber, die Frage muss erlaubt sein: Ist uns ein Tier mehr wert als Menschen? Dieser Eindruck entsteht zuweilen, wenn man die Kommentare von Tierfreunden liest oder die Nachricht, dass eine Belohnung ausgesetzt werden soll.

Tiergeschichten laufen gut in den sozialen Medien. Alles rund ums Tier emotionalisiert, mobilisiert, empört. Manch Tierfreund stellt den Wert eines Tieres über den eines Menschen – mit erschreckenden Auswüchsen. Begründet wird das oft mit der Behauptung, Tiere seien ja nicht böse und hätten mithin auch nichts Böses verdient – Menschen schon. Diese Form der Verbitterung wäre ja okay, wenn sie sich nicht auch jenen überstülpen würde, die sich einen pragmatischen und humanistischen Blick bewahrt haben.

Was dem Welpen passiert ist, ist auf jeden Fall eine große Schweinerei. Aber was wenige schlechte Menschen den vielen guten Menschen täglich antun, ist die ungleich größere Schweinerei. Es stünde uns gut zu Gesicht, dieses Ungleichgewicht auch im Empörungspotenzial zu reflektieren. Dann würde der vernunftbegabte Mensch angesichts des Tierschützer-Shitstorms vielleicht auch Empathie entwickeln – und sich nicht schaudernd abwenden.

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