Und die Koalition bewegt sich doch, wenn es ums Arbeiten im Alter geht. Mit der Flexi-Rente wird es attraktiver, länger zu arbeiten, aber eben nur ein wenig. Die Große Koalition macht kleine Trippelschritte. Besonders ärgerlich: Alle sind sich einig, dass künftig Fachkräfte fehlen, doch die neue Regelung macht einzig Mini- und Midi-Jobs im Alter wirklich attraktiv. Wer dagegen mehr als 6300 Euro verdient, bekommt deutlich weniger Rente. Wer viel verdient, vielleicht gar keine.

Kaum ein Thema wird emotionaler diskutiert als die Rente. Sagen Menschen unter 50, dass es Rentnern heutzutage meist gut geht, sind sie neidisch, erkennen die Arbeit der Älteren nicht an, wissen nicht, was eigentlich richtiges Malochen ist. Punkt. Sagen Rentner, dass das Geld manchem nicht reicht, sie lange genug gearbeitet und ein Recht auf ihr Geld haben, sind sie altersstur und wollen nur Jüngere schröpfen. Punkt.

Thomas Roth
Thomas Roth

Aber was ist eigentlich, wenn beide Seiten Recht haben? Vielleicht gibt es nicht die eine Lösung für ein sicheres Rentensystem? Ist es so schwer zuzugeben, dass Prognosen, wie viele Menschen in 30 Jahren arbeiten, sehr unsicher sind? Ist es so schwer auszusprechen, dass die vor kurzem veröffentlichten Studien zur künftigen Altersarmut vollkommen hanebüchen sind, weil sie etwa Betriebsrenten und private Altersvorsorge gar nicht einbezogen haben?

Nun kommt also die Flexi-Rente – einst als Gegenentwurf zur Rente mit 63 Jahren gedacht. Doch es ist abzusehen: Während die frühere Rente gut ankommt, viele den vorzeitigen Ruhestand nutzen, wird längeres Arbeiten die Ausnahme bleiben. Selbst wer will, wird nicht bis 85 arbeiten – bei solchen Restriktionen. Die Chance, so den Arbeitsmarkt und damit auch das Rentensystem zu stützen, wirft die Große Koalition leichtfertig weg.

Genauso wie die Chance auf einen großen Wurf in der Rentenfrage. Der wird immer wieder lauthals gefordert und dann stillschweigend verschoben. Mit fatalen Folgen. Trotz aller Unwägbarkeiten: Kaum einer bestreitet, dass unsere Gesellschaft und damit die Wähler altern. Und Rentner werden kaum Einschnitte ins eigene Portmonee goutieren. Die Jüngeren dagegen werden weniger erhalten und mehr zahlen müssen. Dazu trägt erschwerend bei, dass die Null-Zins-Politik der EZB die private Vorsorge aushebelt, die Riester-Rente wenig genutzt hat und vor allem für Finanzinstitute ein Geschäft ist. Für die Rentner von morgen bleibt damit wieder einmal nur die Hoffnung auf die nächste Koalition und mehr als kleine Flexi-Trippelschritte.