Redakteur Andre Dolle
Redakteur Andre Dolle

Wie blanker Hohn klingen die warmen Worte des US-Präsidenten Obama an Kanzlerin Merkel heute. Im Juni 2011 standen die beiden im Rosengarten des Weißen Hauses, Obama verlieh Merkel die Freiheitsmedaille „als Symbol des Triumphs der Freiheit“. Die Ex-DDR-Bürgerin bedankte sich artig, rühmte die deutsch-amerikanische Partnerschaft.

Davon ist heute nichts mehr zu spüren. Noch sind die Schlagzeilen über die Lauschaktion des US-Geheimdienstes NSA gegen die Kanzlerin zwar nicht offiziell bestätigt, doch sie sorgen schon jetzt dafür, dass die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland nahe am Gefrierpunkt liegen.

Wie stark die deutsche Regierung verstimmt ist, zeigte am Donnerstag schon die Einbestellung des US-Botschafters zum Rapport bei Außenminister Westerwelle. Ein solcher Schritt gilt unter Diplomaten als schärfste Form der Missbilligung.

Spätestens jetzt wird deutlich, dass die Union zu vorschnell handelte, als sie den NSA-Skandal im Sommer, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, kurzerhand für beendet erklärte. Die Alarmglocken schrillten erst, als Informationen über Merkel als NSA-Opfer die Runde machten. Viel zu spät.

Die Arroganz, mit der Repräsentanten aus den USA bisher den NSA-Skandal kommentierten, dürfte bald verfliegen. Auch in Frankreich regt sich Widerstand gegen die US-Schlapphüte, weitere EU-Mitglieder dürften folgen.

Nicht nur für die Beziehungen Deutschlands zu den USA, auch für die sich formierende Große Koalition in Deutschland ziehen schwarze Wolken auf. Nach Linksfraktion und Grünen will nun auch die SPD einen Bundestags-Untersuchungsausschuss. Doch was soll dieser bringen? Mitarbeiter der NSA oder der US-Botschaft werden kaum vor den Ausschuss bestellt werden können. Es bliebe bei innerdeutschen Fragestellungen. Immerhin erhöht solch ein Ausschuss aber den Druck auf die Union, endlich auf Aufklärung seitens der USA zu pochen.