Leser Andreas Lebe schreibt zum am 11. Februar veröffentlichten Leserbrief „Politisches Desaster für die CDU“:

Man kann ja zu Frau Kramp-Karrenbauer stehen, wie man will, aber die Bezeichnung „brave Hausfrau aus dem Saarland“ ist diffamierend!

Recherchieren Sie vor Veröffentlichung solcher Leserbriefe nicht, welche Ausbildung und Weiterbildung die angegriffenen Menschen haben? Frau Kramp-Karrenbauer hat ein abgeschlossenes Hochschulstudium und eine lange politische Laufbahn mit anspruchsvollen Aufgaben!

Der Ombudsrat schreibt:

Andreas Lebe beanstandet einen Leserbrief, in dem nicht nur die scheidende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) als „brave Hausfrau aus dem Saarland“ bezeichnet wird, sondern auch die Frage aufgeworfen wird, wo denn „der Politprofi“ bleibe, „der die Partei und später das Land führen kann“. Nach Richtlinie 2.6 des Pressekodex sind bei der Veröffentlichung von Leserbriefen die Publizistischen Grundsätze zu beachten. Ziffer 1 Pressekodex gebietet Wahrhaftigkeit und Wahrung der Menschenwürde, Ziffer 2 die Recherche als unverzichtbares Instrument der Berichterstattung und Ziffer 12 verbietet Diskriminierungen, etwa wegen des Geschlechtes. Leserbriefe, die diesen Grundsätzen widersprechen, sind folglich nicht zu veröffentlichen.

Deshalb findet der Ombudsrat die Veröffentlichung des Leserbriefes in zweierlei Hinsicht problematisch. Der Leser stellt die Tatsachenbehauptung auf, AKK sei eine „brave Hausfrau“. Es heißt im Wortlaut eben nicht, dass AKK auf ihn wie eine „brave Hausfrau“ wirke (was auch immer man sich darunter vorzustellen hat), sondern: „…, hat es die brave Hausfrau aus dem Saarland auch nicht gebracht“. So wird AKK die professionelle Eignung für politische Ämter de facto abgesprochen. Tatsächlich verfügt sie über einen Universitätsabschluss in Politikwissenschaften und öffentlichem Recht, ist seit 1985 in parteipolitischen Ämtern aktiv, hatte von 2000 bis 2011 verschiedene Landesministerämter inne, war von 2011 bis 2018 Ministerpräsidentin des Saarlandes und ist seit Juli 2019 Bundesverteidigungsministerin. Zudem kann die Bezeichnung als „brave Hausfrau“, verbunden mit dem Wunsch, ein Politprofi möge das Ruder übernehmen, als geschlechtsbezogene Diskriminierung verstanden werden. AKK solle sich lieber weiter ihrem Haushalt widmen und einem Mann die Partei- und Bundespolitik überlassen.