Zu „NSU-Prozess – Lebenslange Haft für Zschäpe“ vom 12. Juli:

Es war doch ein reiner Indizien-Prozess, der am Mittwoch zu Ende ging und mit einer lebenslangen Haft für Beate Zschäpe endete. Ich frage mich allerdings, ob dieses Urteil so fallen durfte. Es ist nicht vollständig bewiesen worden, dass Frau Zschäpe von den Anschlägen und Morden wusste oder sogar einbezogen wurde. Natürlich ist es leicht, dem letzten Überlebenden des Trios nun die Schuld der anderen aufzuerlegen.

Es wurden aber auch einige andere „wichtige“ Fragen nicht geklärt, zum Beispiel das Verhalten des Verfassungsschutzes, der ja wohl tatenlos zusah, wie der NSU die Taten vorbereitete und ausgeführt hatte. Und gab es mehr Mitglieder des NSU als nur die drei (das glaube ich)?

Der Fall wird auch nach dem Urteil weiter die Gerichte beschäftigen, denn die Verteidigung hat Revision eingelegt. Und ich finde zu Recht, denn meiner Meinung nach wurde Frau Zschäpe für Taten verurteilt, die ihr nicht nachgewiesen wurden oder werden konnten.

Björn Hammerer, Braunschweig

Rolle des Verfassungsschutzes bleibt unklar

Auch dazu:

Das Urteil selbst im Zschäpe-Prozess kann und will ich nicht kommentieren. Auch das „gesunde deutsche Volksempfinden“ sollte sich da zurückhalten; denn dieses Volksempfinden war ursächlich dafür verantwortlich, dass ganz Europa in Schutt und Asche gelegt wurde. Ach, nichts gewusst und nichts gewollt? Gelernt haben „die Deutschen“ daraus gar nichts. Auf ein Neues, heißt die Maxime. Schon wieder wird von Rattenfängern bewusst eine Bedrohungslage konstruiert, aus der sie selbstverständlich nur eben diese Rattenfänger retten könnten. Hätte man alles wissen können, wollte man aber gar nicht wissen (siehe AfD). Populistische Sprüche – inzwischen nicht nur von der AfD – sind viel leichter verdaulich als mal die eigenen grauen Zellen auf Trab zu bringen. Vor so viel Anstrengung schauen wir uns doch lieber das „Dschungelcamp“ an.

Sehr wohl allerdings möchte ich mich zur Rolle unseres Verfassungsschutzes bei den NSU-Morden äußern. Es darf doch wohl nicht wahr sein, dass dessen miese Rolle in diesem üblen Spiel ausgerechnet von einem Oberlandesgericht (OLG) unter den Teppich gekehrt wird. Die vorgebliche Begründung, man müsse die V-Leute schützen, ist nicht nur albern, sondern verlogen. V-Leute stehen nicht über der Verfassung, auch sie sind an rechtsstaatliche Prinzipien gebunden. V-Leute sollen Verbrechen verhindern bzw. zur Aufklärung von Verbrechen beitragen. Sie dürfen selbst nicht zu Verbrechen anstiften oder gar selbst welche begehen. Und genau da liegt wohl der Hase im Pfeffer.

Nachdem auch die deutsche Justiz hatte einsehen müssen, dass es sich bei den Morden nicht um türkische Banden- bzw.

Drogenkriege gehandelt hatte, beeilte sich Frau Merkel mit der Aussage, die Morde würden lückenlos aufgeklärt. Der erste Schritt der Aufklärung war die Vernichtung wichtiger Akten des Verfassungsschutzes. So funktioniert das! Die Akten sind umgehend geschreddert worden. Kann ja mal vorkommen? Aha. Na ja, auch einem ostdeutschen Ministerpräsidenten ist dieses Missgeschick schon passiert (Tillich). Ein Bürobote geht frohen Mutes seinen beschwerlichen Weg durch das Büro, er stolpert und rumms: Die Akten fliegen schnurstracks in einen laufenden Schredder. Können diese blöden Schredder denn nicht aufpassen?

Wer, durchaus zu Recht, mit dem nackten Zeigefinger auf Polen, Ungarn, Malta, Tschechien usw. wegen deren staatlich gelenkten Justizwesen zeigt, wie zum Beispiel Deutschland, sollte sich dringend an die eigene Nase fassen. Von einem OLG hätte ich etwas Anderes erwartet bei der Würdigung eines Straftatbestandes als das, was auch ein königlich-bayerisches Amtsgericht hätte urteilen können ­– nach fünf Jahren Verfahrensdauer!

Werner Knurr, Hornburg

Bericht stellt Angehörige in den Mittelpunkt

Zu „Der lange Weg zur Gerechtigkeit“ vom 11. Juli:

Sehr beeindruckend der Bericht vor der Urteilsverkündung gegen Beate Zschäpe und andere, die dem Nationalsozialistischen Untergrund geholfen oder ihm angehört haben, auch weil er noch einmal vor Augen führt, welche zusätzlichen Qualen die Angehörigen der Ermordeten durch die Ermittlungsarbeit der Behörden erlitten haben.

Allerdings frage ich mich, welchen Erkenntniswert das Adjektiv „links“ bei der Erwähnung des Veranstaltungsortes „Eine Welt Haus“ haben soll. Etwa eine heimliche Bestätigung der Denkweise des Trios und seiner Unterstützer, bei den Ermordeten handele es sich nicht nur um Ausländer, sondern sowieso um „linkes Gesocks“?

Bitte etwas mehr Nachdenken über Sprache gerade beim Verfassen von Texten über rechtsradikale Mörder und ihr Umfeld.

Roswitha Ristau, Braunschweig

Beate Zschäpe war nicht nur Mitläuferin

Ebenfalls dazu:

Was wird aus den fünf Jahren Prozess als Ergebnis herauskommen? Zehn Menschen sind gestorben. Beate Zschäpe kann nicht behaupten, sie sei Mitläuferin gewesen. Die volle Härte unserer Gerichtsbarkeit musste sie treffen.

Angst und Schrecken wurde erzeugt. Neonazis wurden groß auch im Erzgebirge und machten sich stark für die weiße Rasse. Dass der NSU davon nichts gewusst habe, ist doch total unglaubwürdig. Die Weiße Bruderschaft im Erzgebirge muss verboten werden und alle Gruppierungen der Neonazis. Und Chemnitz, was ist dort alles passiert? Die Chemnitzer Kameradschaft stand voll auf der Seite der Beate Zschäpe oder tut es immer noch. Waffen wurden eingesetzt. Wenn ich an Mundlos und Böhnhardt denke, sie sind doch Symbolfiguren des Hasses. Dazu gehört auch Beate Zschäpe. Wie konnte es soweit in unserem Land kommen? Ich traue unserem Verfassungsschutz nicht mehr über den Weg. Nein, ich habe den Eindruck, er deckt alle diese Verbrecher. Mir liegen die vielen Familien am Herzen, in denen jetzt Angehörige fehlen, weil sie vom Clan der Beate Zschäpe umgebracht wurden. Ich werde den Verdacht nicht los, dass unser Verfassungsschutz diese Verbrecher deckt.

Gisela Wustmann, Braunschweig