Berlin.

Zu „Warten, bis der Arzt kommt“ vom 20. Juni:

Leider hat Herr Spahn es vermieden, ein großes Problem anzusprechen, das ebenfalls für die langen Wartezeiten auf Facharzttermine verantwortlich ist: Viele der in den Wartezimmern deutscher Fachärzte sitzenden Patienten gehört dort nicht hin.

So muss ein junger Patient mit ganz offensichtlich muskulärem Brustschmerz nicht noch zum Kardiologen oder ein meist durch Bewegungsmangel verursachter Rückenschmerzpatient nicht gleich zum Orthopäden oder gar am besten sofort ins MRT. Diese Liste ließe sich endlos weiterführen, und offenbar war unser Gesundheitsminister auch noch nie am Wochenende in einer deutschen Notfallambulanz. Bei mindestens der Hälfte der dort sitzenden handelt sich nicht um Notfälle und all diesen Menschen ist offensichtlich gar nicht bewusst, dass sie nicht nur unnötige Kosten verursachen, sondern auch Termine für die ernsthaft Erkrankten blockieren.

Sehr begeistert bin aber von dem Beschluss über die 25 Stunden Mindestsprechzeit. Wie viele andere Kollegen auch könnten wir dann nämlich nach zweieinhalb Tagen unsere Praxis schließen. Wir bieten jede Woche eine Sprechzeit von 45 Stunden an, wobei das wirkliche Arbeitspensum auch durch die vom Gesundheitsministerium verursachte Bürokratie weit darüber hinaus geht. Aber es wird ja alles besser, wenn wir erst unsere Praxen bis spät in den Abend und sogar am Samstag bis 19 Uhr öffnen müssen – und das für einen sensationellen Zuschlag von elf Euro pro Patient. Für diesen Betrag würde ein Schlüsseldienst noch nicht mal ein Telefonat entgegennehmen.

Wie sagte ein Kollege erst kürzlich so treffend: wir sind zwar schon lange nicht mehr die Halbgötter in Weiß – wollen wir auch gar nicht sein – aber wir sind auch nicht die Deppen der Nation.

Dr. Christa Möhrmann-Gobrecht, Salzgitter