Braunschweig.

Zu „Die lange, lange Landstraße“ vom 7. Mai:

Es würde schon von einer gehörigen Portion Impertinenz zeugen, wenn das Theater stets sich und sein Publikum auszunehmen glaubte. Als seien wir selbst nie gemeint, sondern immer nur die anderen.

Herr Jasper hat Recht: Es gibt „wahrlich schlimmere Erfindungen als Rollkoffer und Geldautomaten“. Doch hier wütet ein Denkfehler. Und eben in diesem Denkfehler wirkt das Gift unserer bornierten Ich-Bezogenheit am besten: die ewige Suche nach dem schlimmeren Übel, um das eigene relativiert zu wissen. Sich an diesem Irrglauben festzukrallen mahnt eben genau den Mangel an Weitsicht an, den Handke mit der Egozentrik unserer Rollkoffer-Rempelei meint.

Glauben Sie wirklich, allein die Leistung, sich „dem Handke-Furor immerhin bis zum Schluss aus(zu)setzen“, entbindet den Zuschauer von seiner selbstreflexiven Verantwortung, kauft ihn bereits an der Theaterkasse von jedweder Gesellschaftskritik frei?

„(D)ie wahrhaft dekadenten Konsumidioten“ muss man nicht anderswo suchen. Allein in der Annahme, dass „die Publikumsbeschimpfung (…) hier definitiv die Falschen“ träfe, liegt bereits die Saat der wahrhaftigen Dekadenz verborgen, die unser aller Denken vergiftet.

Markus Johann, Braunschweig