Zum Welthundetag schreibt Bettina Thoenes eine Ode an den Hund. Philipp Engel kapert den Tag - und erklärt, wieso Katzen die besseren Haustiere sind.

Am Sonntag ist Welthundetag. "Der Tag ist ein Ehrentag für Hunde, die seit Generationen treue Begleiter des Menschen sind", schreibt dazu der kleine Kalender auf seiner Website. Und die Hundebesitzer kommen sogleich ins Schwärmen, wie toll das Leben mit dem Vierbeiner ist. Aber kein Tag ohne Nacht, kein Ying ohne Yang und kein schwärmender Hundemensch, dem ein schwärmender Katzenmensch widerspricht.

Übrigens: Zum Welthundetag suchen wir die besten Fotos der Vierbeiner unserer Leserinnen und Leser. Wie Sie ihr Foto zu uns bekommen, lesen Sie hier.

Aber zurück zum Thema: Bettina Thoenes schreibt auf, wieso Hunde einfach toll sind, Philipp Engel sieht hingegen die Katze auf Platz 1 und argumentiert entsprechend. Ein nicht ganz ernstgemeinter Streit, zu lesen mit einem Augenzwinkern:

Adventskalender mit Leckerli

Bettina Thoenes zu ihrem Pudel:

Machen wir uns nichts vor. Sie könnten uns nachts locker die Kehle durchbeißen. Wenn sie denn wollten. Sie tun es aber nicht. Weil sie uns lieben. Ich nenn das einfach mal so – Liebe. Den Kitt, der uns zusammenhält. Und in diesem Fall das Rudel.

Für unseren Pudel besteht es aus Mama und Papa (wahlweise Frauchen und Herrchen), Oma und Opa, Schwester und einer Tante, die ihm in jedem Jahr einen Adventskalender bastelt. Dazu umwickelt sie sorgfältig 24 Leckerli mit Weihnachtspapier und schreibt eine Zahl drauf, und ich suche 24 Tage lang jeden Morgen das Leckerli mit der richtigen Zahl aus der Tüte und und pule es mühsam aus der Papier-Tesafilm-Umhüllung.

Der Pudel von Bettina Thoenes
Der Pudel von Bettina Thoenes © Bettina Thoenes

Wir vermenschlichen den Hund? Ja, natürlich. Zugegeben. Aber abgesehen davon, dass es ihm völlig wurscht ist, ob die Leckerli vorm begeisterten Hinunterschlingen in Weihnachtspapier gewickelt waren, sind daran wohl die Spiegelneuronen schuld. Wer uns an schweren Tagen die Tränen von der Wange schleckt, in ausgelassener Freude mit unserem Hausschuh in der Schnauze um den Couchtisch kreist, sobald wir durch die Haustür treten, und wer sich auf dem Sofa behaglich schmatzend an uns schmiegt und in uns damit sofort die Anti-Stress-Hormone aktiviert, den kann man nicht behandeln wie einen Hund.

Mal ehrlich: Er ist doch auch einer von uns. Irgendwann finde ich den Reißverschluss und hol dich da raus, hat Juli Zeh mal über ihren Haushund geschrieben.

Juli Zeh hat in ihrem „Kleinen Konversationslexikon für Haushunde“ ebenfalls folgenden Satz formuliert: „Genau wie homo sapiens, der das allerdings hartnäckig bestreitet, ist auch der Haushund froh, wenn ihm jemand sagt, was er zu tun hat.“ Für manche Hunde mag das gelten. Auf den Pudel, von dem ich spreche, trifft das so nicht zu. Ob er gehorcht oder nicht, hängt von seiner Stimmung und der Gegenleistung ab.

Um anzugeben, nötige ich ihn zum Beispiel gern, Fremden das Pfötchen zu reichen. In seinem abgewandten Gesicht erkenne ich dann die Schmach, die ihm solch ein dienerndes Verhalten bereitet. Bietet sein Gegenüber Leckerli , dreht der Pudel den Spieß und gibt schneller Pfötchen, als der Mensch mit Füttern nachkommt.

Ist der moderne Hund in unserer Gesellschaft nicht längst demokratisiert? Ist seine Stärke nicht die Anpassung an den Menschen?

Wenn ich unser Verhältnis beschreiben sollte, würde ich sagen: Er ist nachsichtig mit mir. Zum Beispiel akzeptiert es der Pudel klaglos, mich (vermutlich zu meiner eigenen Sicherheit) an der Leine hinter sich herzuziehen – eine großherzige Geste als Ausdruck seines freien Willens. Denn begegnet er seiner Herzensdame (oder einem Feind), hat er sich im Bruchteil einer Sekunde aus seinem Geschirr gewunden.

Im Laufe unserer gemeinsamen Jahre hat er es zustande gebracht, meinem Alltagschaos eine vernünftige Tagesstruktur entgegenzusetzen. Er besteht auf eine Ordnung der Dinge, auf Rituale. Seit Beginn der Pandemie begibt sich der Pudel morgens vor mir ins Homeoffice – und wartet. Abends, sobald ich gemütlich auf dem Sofa liege, ist Spielzeit. Pudels Me-Time. Mit mir, aber nach seinen Regeln. Gern stundenlang. Manchmal spreche ich ein Machtwort.

„Slööpetiet“ ist sein Stichwort (er versteht Platt), um sich ins Schlafzimmer ans Fußende des Bettes zu verdrücken. Immer ans Fußende. Am Morgen robbt er hoch, um in freudiger Ungeduld die Rute auf die Matratze zu schlagen. Als Weckruf. Manchmal nervt er wirklich. Doch dann glitzert im Wald der Morgentau und ich denke: Schön, dass der Hund mir sagt, wo es lang geht.

Gewalt, Wahnsinn und tiefe Liebe

Philipp Engel zu seinen Katzen:

„Ich sehne mich nach Gewalt“, denkt die Katze, die ich gerade auf den Arm genommen habe. Also: Krallen raus und dann windet und schüttelt sich Madame, bis ich mehrere blutige Kratzer auf der Brust habe (durch den dicken Pullover) und sie im freien Flug unterwegs ist. Elegante, lautlose Landung, kurz den Kopf in eine Haltung bringen, bei der jedem normalen Wirbeltier das Genick mehrfach brechen würde, dreimal in Höchstgeschwindigkeit den eigenen Hals lecken – und dreinschauen, als wäre überhaupt nichts los. Die blutende Kratzwunde am Menschen? Nicht von Relevanz. Die vollkommene Verweigerung von Liebkosungen? Normal, es ist halt eine Katze. Wenn sie drei Minuten später kommt und schnurrt, dann will, nein muss sie gestreichelt und gekrault werden, denn dann hat sie es selbst entschieden.

Katzen manchen den Menschen passiv, zum Untertanen. „Sie geben mir Futter, Liebe und ein Heim“, denkt der Hund. „Sie müssen Götter sein.“ Dasselbe denkt die Katze, nur kommt sie zu einem anderen Schluss: „Ich muss ein Gott sein. Und zwar keiner von der stets fürsorglichen Sorte.“ So verhalten sie sich – aber auch nicht immer.

Ja, es ist Tag des Hundes, aber Hunde sind doch anspruchslos. Ein Hund liebt den Menschen. Punkt. Für eine Katze muss sich Mensch schon ins Zeug legen. Und das macht einen der vielen Reize der Samtpfoten aus. Haha, Samtpfoten. Was für ein bescheuertes Wort für das Tier, das nicht nur in hohem Maße gewalttätig und irre ist, sondern sich auch für das schlimmste Raubtier auf Erden hält (und aus Sicht von Blättern, herumliegenden Socken und allerlei Stoffmäusen vielleicht auch ist).

Die Katzen von Philipp Engel
Die Katzen von Philipp Engel © Philipp Engel

Meine beiden sind nach Delikatessen benannt, die erst durch Gärung richtig lecker werden. Kimchi (vergorener Kohl aus Korea) und Strömmi (Kurzform von Surströmming, vergorenem Fisch aus Schweden) stammen aus einem Kuhstall, Rasse unklar, Vater unbekannt. Sie schlafen 18 Stunden am Tag, sorgen eigenständig für Hygiene und Bewegung. Menschen? Nettes Beiwerk, eigentlich unnötig.

Und dann gibt es doch diese Situationen, in denen Strömmi unvermittelt auf mir landet, schnurrt, gestreichelt werden will, verliebte Blicke verschenkt und halb in mich reinkriecht. Das ist mehr wert als Tausend wedelnde Hunderuten. Kimchi ist anders: Sie liebt den Küchenstuhl. Der wird bekuschelt, beschmust und bekrallt, dass es eine Freude ist. Ich darf sie dann ein bisschen kraulen. Aber nur morgens, nur zehn Minuten lang und nur wenn sie Lust hat. Dabei macht sie den Eindruck, als habe sie Drogen genommen.

Und das macht auch wieder den Reiz dieser Tiere aus: Der vollkommene Wahnsinn, in den sie bisweilen abgleiten. Dämonische Laute, Bewegungen, die man aus Exozismus-Filmen kennt, imaginäre Feinde, die aber dreifach getötet werden. Einer Katze beim Durchdrehen zuzuschauen, ist besser als jeder Film.

Und dann gibt es doch diese Momente, in denen sie sich kümmern. Ich allein zu Hause und mit über 40 Grad Fieber kaum mehr in der Lage, zu laufen. Die beiden halten Wache, legen sich dazu, bleiben in der Nähe. Hätte es mich da komplett umgehauen, hätten sie den Krankenwagen gerufen. Oder: Meiner Frau geht es nicht gut. Das merken die. Und dann kommen sie und zeigen, dass sie einen eben doch auch ohne Gegenleistung liebhaben. Und wenn ich dann abends noch arbeite und sie sich beide neben mir niederlassen und schlafen, dann ist es doch schön, dass sie zumindest erfolgreich den Eindruck erwecken, gern in meiner Gesellschaft zu sein. Eben weil das nicht ihr Markenkern ist, ist es so ein tolles Kompliment.