Remlingen. Die radioaktive Belastung der Staubschicht in der Asse-Kammer 7 wirft Fragen auf. Bürgerinitiativen fordern rasche Aufklärung.

Wo liegt voraussichtlich die Ursache? Undichte Fässer?

Das fragt unser Leser Hans-Joachim Brunke aus Gifhorn

Die Antwort recherchierte Andre Dolle

Am Ende der Einlagerungszeit in den 70er Jahren nahmen es die Mitarbeiter des Atommüll-Lagers Asse nicht so genau. Sie kippten die berühmten gelben Fässer einfach in die Löcher des ehemaligen Salzstocks, statt sie ordentlich zu stapeln. Wahrscheinlich zerborsten bereits damals einige der 126 000 Fässer mit Atommüll.

Auch bei der Protokollierung der Fässer wurde geschludert. Die Jahre gingen ins Land. Heute weiß man bei der inzwischen verschlossenen Kammer 7 in 750 Metern Tiefe zwar, dass alleine hier mehr als 4000 Fässer lagern. In welchem Zustand sie sind, das weiß man noch immer nicht genau. Die Freude war groß, als es dem Betreiber, der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), im vergangenen August gelang, Foto- und Videoaufnahmen aus der Kammer zu machen. Schnell wurde aber klar: Einige Fässer sind zerborsten. Wie viele, das weiß die BGE bis heute nicht.

Es dauerte ein weiteres Jahr, bis es der BGE gelang, Staubproben zu entnehmen. Dafür bauten die Mitarbeiter eigens einen Industriestaubsauger um, steckten ihn samt am Sauger montierter Kamera durch das Bohrloch und entnahmen die Proben. Diese zeigen: Da einige Fässer zerborsten sind, ist auch der zentimeterdicke Staub radioaktiv belastet. Neben dem natürlichen Radionuklid Kalium-40 handele es sich um Spuren von Cäsium-137 und Blei-210. Das radioaktive Blei ist ein Zerfallsprodukt von Radon, das in der Natur aber auch in radioaktiven Abfällen vorkommt.

Wie stark die zentimeterdicke Staubschicht radioaktiv belastet ist, das weiß die BGE laut eigenen Angaben noch nicht. Sobald das Ergebnis vorliegt, will die Gesellschaft die Ergebnisse veröffentlichen, versicherte Sprecherin Monika Hotopp auf Anfrage.

Anwohner und BGE-Mitarbeiter seien nicht gefährdet. „Die Kammer ist nur durch ein wenige Zentimeter kleines Bohrloch geöffnet“, sagte Hotopp. Die Abluft werde über eine Anlage gefiltert. „Am Luftstrom hat sich durch das Bohrloch nichts geändert“, sagte Hotopp.

Doch vor gut einem Jahr kam es zu einem Gasaustritt aus der Kammer 7 in 750 Metern Tiefe, in der nun die Proben entnommen wurden. Erhöhte Werte des radioaktiven Gases Radon sorgten bei einer Erkundungsbohrung für eine Unterbrechung der Arbeiten. Die an der Bohrung beteiligten Mitarbeiter mussten Schutzkleidung anlegen und Atemschutzmasken aufsetzen.

Eine Gefährdung von Mitarbeitern oder der Umwelt habe zu keinem Zeitpunkt bestanden, hieß es damals seitens der BGE.

Die Messwerte in der Luft seien unmittelbar nach dem Abbruch der Bohrung wieder abgefallen und wurden weiter analysiert. Die BGE setzte die Bohrung in der Woche darauf wieder fort.

Heike Wiegel vom Verein „Aufpassen“ fordert nun schnelle Aufklärung. Überrascht sei sie nicht, dass der Staub, der auf den Fässern lagert, radioaktiv belastet ist. In den 60er und 70er Jahren sei man bei der Einlagerung viel zu sorglos mit dem Atommüll umgegangen.

Ein Bergungskonzept für die Asse gibt es noch nicht. Wiegel sagte: „Dass die Staubschicht radioaktiv belastet ist, zeigt erneut, dass eine Bergung nur ferngesteuert erfolgen kann, um die Mitarbeiter nicht zu gefährden.“

Wiegel sieht sich in einem weiteren Punkt bestätigt: „Aus meiner Sicht kann ein Zwischenlager und auch die Konditionierungsanlage nur mit großem Abstand zu den Siedlungen gebaut werden.“ Der Asse-Müll muss nach der Bergung behandelt und verpackt werden. Experten sprechen von Konditionierung. Alleine diese wird wohl Jahre in Anspruch nehmen.

Noch ist gar nicht klar, welches Zwischenlager beziehungsweise welches Endlager den Asse-Müll einmal aufnehmen soll. Die BGE favorisiert ein Zwischenlager möglichst nahe an der Asse. Die Bundesregierung plant, dass der Inhalt der 126 000 Asse-Fässer im noch zu findenden Endlager für hoch radioaktiven Müll gleich mit entsorgt werden soll.