Braunschweig. Niedersachsen warten im Schnitt 55 Tage auf ihren Steuerbescheid. Das Finanzministerium betont: Es geht nicht nur um Geschwindigkeit, sondern auch um Qualität.

Wir warten nun seit drei Monaten auf unseren Steuerbescheid. Mich würde mal interessieren, wie lange die Finanzämter in der Region so brauchen für die Bearbeitung.

Das schreibt eine Leserin, die nicht namentlich genannt werden möchte.

Zum Thema recherchierte
Jens Gräber

Angestellte und selbständig tätige Niedersachsen warteten im Jahr 2017 im Schnitt 55,7 Tage auf ihren Steuerbescheid. Das geht aus einer Umfrage des Bundes der Steuerzahler hervor, der die Finanzverwaltungen aller 16 Bundesländer zur Bearbeitungsdauer befragt hat. Komplette Zahlen für 2018 liegen noch nicht vor, laut niedersächsischem Finanzministerium hat sich die Dauer für Arbeitnehmer allerdings leicht verkürzt: von 56,4 Tagen 2017 auf 54,6 Tage.

Die drei Monate, die unsere Leserin beschreibt, sind also für Niedersachsen in jedem Fall ein ungewöhnlich hoher Wert. Die Frage nach der Bearbeitungsdauer in unserer Region lässt sich jedoch nicht beantworten. Beim Finanzministerium in Hannover teilt Sprecher Kai Bernhardt mit: „Die niedersächsische Steuerverwaltung sieht davon ab, finanzamtsspezifische Durchlaufzeiten und somit Rankinglisten der Finanzämter zu veröffentlichen, weil dies die Selbststeuerung der Finanzämter beeinträchtigen würde.“

Das schnellste Finanzamt, heißt es weiter, habe in Niedersachsen im vergangenen Jahr durchschnittlich 33 Tage für die Bearbeitung einer Einkommensteuererklärung einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers gebraucht, das langsamste rund 72 Tage. Selbst im Vergleich mit dem langsamsten Amt ist die Zeit, die unsere Leserin schon wartet, also ungewöhnlich lange.

Der Steuerzahlerbund in Niedersachsen bedauert, dass genauere Informationen fehlen. „Hätte man Daten über einzelne Finanzämter, könnte man viel konkreter nach den Gründen für eine längere Bearbeitungsdauer fragen“, sagt Ralf Thesing, Vorstandsmitglied beim Steuerzahlerbund. „Es kann ja gute Gründe geben. Früher versuchten wir, diese Informationen von den Finanzämtern zu bekommen.“ Meistens hätte das aber keinen Erfolg gehabt, so Thesing.

Fest steht: Im Vergleich der Bundesländer steht Niedersachsen mit seinen durchschnittlich 55,7 Tagen bis zum Steuerbescheid im Jahr 2017 nicht gut da: Es liegt damit auf Platz 13 von 16 Bundesländern. Das ist zwar eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr um zwei Tage, aber eben immer noch einer der letzten Plätze. „Das ist beklagenswert“, sagt Steuerrechtler Thesing. Es sei nicht nachvollziehbar, warum andere Bundesländer ihre Steuerbescheide teils deutlich schneller verschickten. Der Spitzenreiter, die Finanzverwaltung in Berlin,braucht im Schnitt nur 36,5 Tage – zwei Wochen weniger als die in Niedersachsen. Thesing: „Die Gründe können wir uns nicht erklären.“

Der Sprecher des Finanzministeriums dagegen betont, die Arbeit der Finanzämter könne nicht nur an der Geschwindigkeit gemessen werden – deshalb gebe es auch keine interne Rangliste: „Bei einem Ranking nach Bearbeitungszeiten würde der Fokus auf die Quantität gerichtet und die Qualität, also die sachliche Richtigkeit der Steuererklärung, schnell hinten angestellt.“ Schnelle Bearbeitungszeiten ließen sich insbesondere dadurch erreichen, dass eingereichte Steuererklärungen so veranlagt würden, wie sie eingereicht worden seien – ohne Rückfragen. „Eine einseitige Fokussierung auf die quantitative Erledigung ist aber aus dem Gesichtspunkt der Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht gewollt.“