Braunschweig. . Bauernvertreter rechnen beim Getreide mit Ernteeinbußen von etwa einem Drittel. Die Gerste wurde „historisch früh“ abgeerntet.

Die Bauern wissen doch schon am 1. Januar, wenn eine Schneeflocke runterkommt, dass es eine schlechte Ernte gibt…

Dies moniert ein Leser, der anonym bleiben möchte, auf unseren Facebookseiten.

Zum Thema recherchierte
Andreas Eberhard

Dass Landwirte gerne jammern, ist ein beliebter Gemeinplatz. „Was sind die schlimmsten Feinde des Landwirts?“, heißt es dann gern: „Frühling, Sommer, Herbst und Winter.“ Darauf scheint auch unser Leser anzuspielen.

Doch dieses Jahr ist die Trockenheit extrem. 2018 könnte als trockenster Sommer der letzten 50 Jahre in die Geschichte unserer Region eingehen. Und die Trockenheit macht nicht nur den Pflanzen auf den Feldern zu schaffen, die dramatisch geringe Erträge liefern, sondern damit auch den Bauern. „Das geht den Landwirten emotional an die Substanz“, sagt Ulrich Löhr, Vorsitzender des Niedersächsischen Landvolks Braunschweiger Land. Er gesteht, in den vergangenen Wochen und Monaten zu einem wahren „Regenradar-Junkie“ geworden zu sein.

Allerdings käme, selbst wenn es jetzt regnete, für das Getreide jede Hilfe zu spät. Die Pflanzen sind trocken, das Korn ist gereift. Deswegen läuft die Ernte auch bereits auf Hochtouren, die Geste ist sogar schon weitgehend abgeerntet – „historisch früh“, wie Löhr betont.

Enttäuschung beim Winterweizen

Auch die Mahd des Winterweizens, der in weiten Teilen unserer Region die „Hauptfrucht“ ist, hat begonnen. „Die ersten Ergebnisse sind leider sehr enttäuschend“, sagt Löhr. Besonders schlecht seien die Erträge auf den sandigen Böden in den Gebieten nördlich von Braunschweig. Dort kann der Boden kaum Wasser speichern – anders in weiten Teilen des Landkreises Wolfenbüttel, wo dunke, schwere Böden vorherrschen. „Die Anzahl der Weizenähren und -körner ist eigentlich gar nicht schlecht“, erklärt Löhr. „Aber die Körner sind schmal und tailliert. Die Mehlausbeute wird da relativ gering sein.“

Auch der Raps ist schwer betroffen

Hart trifft die Trockenheit auch den Öllieferanten Raps. „Der hatte schon schlechte Startbedingungen“, erklärt Frank Reese, Fachberater für Pflanzenschutz bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Hannover. Bei der Aussaat im Herbst sei es zu nass gewesen. Das habe der Wurzelbildung geschadet. „Im April kam dann der krasse Umschwung zur Trockenheit. Viele Pflanzen haben da ihre Knospen abgeworfen, was zu weniger Blüten geführt hat.“ Zwei Wetterextreme hintereinander – das heißt Stress für die Pflanzen, betont er. Sein Kollege Löhr beschreibt es noch anschaulicher: „Der Raps ist wie ein schwer angeknockter Boxer dieses Jahr. Immer wenn er den Kopf wieder hochbekam, gab’s noch was auf die Glocke.“ Die Rapsernte – mit Einbußen von 30 Prozent und mehr gegenüber durchschnittlichen Jahren sei „eine große Enttäuschung“.

Rüben und Mais sind noch zu retten

Sollte es in den nächsten Wochen wieder regnen, könnten davon noch Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben profitieren. „Bei der Rübe ist die Katastrophe noch nicht vorprogrammiert“, sagt der Groß Denkter Löhr: „Sollte es wieder feucht werden, wächst sie auch weiter.“ Allerdings sei es höchste Zeit dafür, denn, so Löhr: „Die Rübe brüllt nach Wasser.“ Ähnlich der Mais: Auf schlechten Böden blühe er aber schon. „Wo das der Fall ist, ist er am Ende.“ Auf die Kartoffelernte wird sich die Trockenheit voraussichtlich weniger stark auswirken. Da die Flächen mit Linda, Sieglinde, Cilena und Co. meist beregnet werden, so Löhr, werde man die Ernte wohl retten können.

Folgen für Viehwirtschaft denkbar

Nicht ausschließen mag Löhr allerdings, dass die Trockenheit sich auf die Viehwirtschaft auswirkt. Auch die Produktion von Futter wie Heu und Silage werde deutlich geringer ausfallen als üblich. „Gut möglich, dass manche Kollegen daher ihren Viehbestand reduzieren werden, um mit den geringeren Futtervorräten durchs Jahr zu kommen.“