Braunschweig. . 40 Hektar Heide stehen am Mittwochabend in Sachsen-Anhalt in Flammen. Der Rauch des Feuers zieht bis nach Braunschweig. Auch am Donnerstag brennt es auf dem Truppenübungsplatz der Bundeswehr.

Ich habe gestern Abend einen sehr penetrant Rauchgeruch wahrgenommen – als hätte jemand Plastik oder Gummi verbrannt.

Das bemerkt unser Leser Markus Gote aus Destedt.

Zum Thema recherchierte Johannes Kaufmann

Unser Leser teilt seine Erfahrung mit vielen anderen. Überall in der Region nahmen Menschen am Mittwochabend einen stechenden Brandgeruch wahr. Und das lag offensichtlich nicht (ausschließlich) an vor Wut über das vorzeitige deutsche Ausscheiden aus der WM aus dem Ruder gelaufenen Grillfesten. Viele Bürger wandten sich besorgt an die örtlichen Feuerwehren. Die Samtgemeinde-Feuerwehr Grasleben bei Helmstedt suchte daraufhin mit 20 Einsatzkräften stundenlang den Wald rund um den Ort ab, denn „ganz Grasleben lag unter einer dichten Rauchwolke“, wie Gemeindebrandmeister Maik Wermuth am Abend mitteilte.

Ähnlich war es in Braunschweig. Auch hier sprach die Feuerwehr von einer Rauchwolke über der Stadt, welche die Besatzung eines Rettungshubschraubers aus Wolfenbüttel auch bestätigte. Dutzende Brandmeldungen gingen ein, bei der Polizei stand das Telefon nicht still.

Doch ein Brandherd war nirgends zu entdecken. Der lag nämlich etwa 50 Kilometer Luftlinie gen Osten – in der Altmark in Sachsen-Anhalt, genauer: auf dem Übungsplatz des Gefechtsübungszentrums Heer der Bundeswehr in der Colbitz-Letzlinger Heide. Selbige stand dort in Flammen auf einer Fläche von 40 Hektar – 37 Fußballfelder, wie Hauptmann Alexander Helle, Presseoffizier am Gefechtsübungszentrum, bereitwillig und mit passendem WM-Bezug erklärte.

Derzeit übe das Jägerbataillon 291 der in Straßburg stationierten Deutsch-Französischen Brigade in der Altmark für den Einsatz in Mali. „Dabei wird nicht scharf geschossen. Beschuss wird aber mit Pyrotechnik simuliert“, so Helle. Um anzuzeigen, dass ein Fahrzeug getroffen worden und deswegen ausgefallen sei, habe eine Rauchgranate neben dem Fahrzeug gezündet. „Wir sind uns der Waldbrandgefahr bewusst, und die verwendete Munition wird stets an die Waldbrandgefahrenstufe angepasst“, versichert Helle.

Die liegt im ganzen Altmarkkreis Salzwedel in der Tat lediglich bei 2 – geringe Waldbrandgefahr. Trotzdem entzündete die Pyrotechnik die Heide. „Die Kartusche ist offenbar sehr unglücklich gelandet und hat ein kleines Feuer entfacht, das dann vom Wind ordentlich angeheizt wurde“, meint Hauptmann Helle. Der Wind habe die Funken später sogar so weit getragen, dass das Feuer eine vier Meter breite Straße übersprungen hat.

Der Bundeswehrfeuerwehr kamen Feuerwehren aus den umliegenden Orten Kloster-Neuendorf, Cröchern und Dolle zu Hilfe, wie die „Magdeburger Volksstimme“ berichtet. Mit Hilfe eines Bergepanzers, der einen Weg verbreitert und den Flammen damit die Nahrung genommen habe, sei der Flächenbrand schließlich aufgehalten worden, sagt Hauptmann Helle. „Das Feuer war gestern Abend um ca. 20.30 Uhr komplett gelöscht“, heißt es in einer Pressemitteilung des Gefechtsübungszentrums vom Donnerstag.

So ganz komplett war das aber offenbar dann doch nicht, denn wenige Stunden später folgte eine Ergänzung der Pressemitteilung mit dem Titel „Wieder brennt die Heide“. Zur Mittagszeit hätten sich alte Brandherde erneut entzündet. Diesmal habe die Bundeswehrfeuerwehr das Feuer aber ohne Hilfe von außen schnell eindämmen und kontrolliert abbrennen lassen können. Das Gefechtsübungszentrum weist darauf hin, dass von beiden Bränden „freie Heideflächen“ und kein Wald betroffen seien. „Das Wurzelwerk der Büsche wurde nicht beschädigt. Nach einem Jahr wird man die Folgen kaum mehr sehen können“, sagt Helle.

Bleibt die Frage, wie ein Buschfeuer in der Altmark Feuerwehreinsätze in Braunschweig auslösen kann. „Das hängt von der Wetterlage ab“, sagt Thomas Schmalz, Lagedienstleiter der Braunschweiger Feuerwehr am Donnerstag. Im Juli 2017 habe ein Großbrand bei einem Unternehmen in Harlingerode im Harz zu einer starken Geruchsbelästigung in Braunschweig geführt. Damals hatte brennender Kunststoff massive Rauchentwicklung bewirkt.

„Am Mittwoch herrschte konstanter, schwach bis mäßiger Wind aus Nord, Nord-Ost“, sagt Sebastian Balders, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Leipzig. Grob geschätzt habe die Windgeschwindigkeit am Boden etwa 15 Kilometer pro Stunde und in einem Kilometer Höhe etwa 30 Kilometer pro Stunde betragen. Der Wind trug den Rauch also in unsere Region. Diese Windrichtung sei zwar eher selten in Deutschland, aber wegen eines Hochdruckgebiets über Mitteldeutschland werde diese Wetterlage wohl noch einige Zeit andauern. Die Chancen stehen also gut, dass die Nasen unserer Region es riechen werden, sollte die Bundeswehr in den kommenden Tagen noch einmal die Heide anzünden.