Braunschweig. Durch den Zeit- und Benzinverlust verloren sie in Braunschweig laut einer Studie 2017 pro Kopf 1289 Euro, in Wolfsburg 1052 Euro.

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Mit Bus und Bahn ist es wirklich besser.

Zum Thema recherchierte Andre Dolle

Staus stellen Autofahrer nicht nur auf eine Nervenprobe, sie belasten auch ihren Geldbeutel. Der amerikanische Verkehrsdaten-Anbieter Inrix hat in einer großangelegten Studie nun die Kosten von Staus für die Bürger errechnet. Demnach verloren Autofahrer in Braunschweig im vergangenen Jahr insgesamt 195 Millionen Euro und in Wolfsburg 87 Millionen Euro. Jeden Autofahrer in Braunschweiger kosteten die Staus im Schnitt 1289 Euro, jeden Wolfsburger 1052 Euro.

Ein Inrix-Sprecher sagte unserer Zeitung: „Dabei haben wir direkte, durch Verschwendung von Zeit und Benzin entstehende Kosten berücksichtigt, und auch indirekte Kosten, die Unternehmen entstehen, und die sie an Haushalte in Form von höheren Preisen weitergeben.“

Braunschweig und Wolfsburg sind zwei von weltweit 1360 Großstädten und Ballungsräumen in

38 Ländern, die Inrix mit Blick auf die Staus in den Fokus genommen hat. Laut dem Unternehmen handelt es sich um die umfassendste Studie dieser Art. Die Daten stammen von Navigationsgeräten, Smartphones und öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Unternehmen gibt an, dass die Daten anonymisiert erhoben wurden.

Inrix bietet selbst Navigationssysteme an. Laut dem Sprecher kooperiert die Firma mit vielen Autoherstellern, darunter auch Volkswagen. In Deutschland hat Inrix die Staus in 73 Städten ausgewertet.

In München herrschte 2017 mit 51 Stunden der meiste Stillstand. Da sind die Staus in Braunschweig und Wolfsburg mit 18 und 19 Stunden moderat.

Zum Vergleich: Heilbronn liegt bundesweit in der Stau-Studie mit 38 Stunden auf dem siebten Platz. Dabei ist die Stadt in Baden-Württemberg mit ihren etwa 120 000 Einwohnern ähnlich groß wie Wolfsburg, Braunschweig ist mehr als doppelt so groß. In Braunschweig und Wolfsburg betrugen die Staus gemessen an der Fahrtzeit dennoch nur halb so viel wie in Heilbronn: 7 Prozent.

Doch Heilbronn ist offenbar lernfähig. 2016 standen die Autofahrer in der Stadt noch 45 Stunden im Stau. Die Stadtverwaltung dort investierte, baute eine Brücke, um eine besonders stauanfällige Straße zu entlasten.

Inrix hat sich bemüht, die unterschiedlichen Aspekte des Verkehrs in einer Großstadt abzubilden. Es hat daher auch die Fahrtzeit auf verschiedenen Straßen und an unterschiedlichen Tagen zu den verschiedenen Uhrzeiten aufgeschlüsselt. So soll sich nicht nur der Berufsverkehr in den Zahlen spiegeln, sondern auch das Verkehrsaufkommen tagsüber, nachts und am Wochenende.

Demnach spielt der Berufsverkehr in Wolfsburg eine viel größere Rolle als in Braunschweig. Täglich pendeln 80 000 Menschen nach Wolfsburg zu VW und den Zulieferern. Inrix hat die A 39, auf der jeden Morgen und jeden Abend Tausende von Pendlern zwischen Braunschweig und Wolfsburg fahren, der VW-Stadt zugeordnet. Aus der Studie geht hervor, dass innerstädtische Staus in Wolfsburg vergleichsweise selten vorkommen. Sehr hoch belastet sind hier dagegen die Ein- und Ausfallstraßen.

Inrix liegen massenweise Fakten vor. „Wir haben 500 Terabyte an Daten aus 300 Millionen unterschiedlichen Quellen analysiert“, so der Sprecher. Die zehn am stärksten von Staus betroffenen Straßen befinden sich laut Inrix deutschlandweit alle in und außerhalb von Köln, München, Berlin, Hamburg, Frankfurt und Stuttgart. Köln ist gleich dreimal vertreten.

Angesichts der hohen Kosten liegt es im Interesse der Städte, für weniger Staus zu sorgen. Das gilt auch für unsere Region. Laut dem Braunschweiger Verkehrsforscher Tobias Wermuth ist hier noch Luft nach oben. Oberstes Ziel müsse die Verkehrsvermeidung sein, etwa durch öffentliche Verkehrsmittel und Fahrgemeinschaften. Auch neue Straßen, Brücken und Tunnel könnten helfen. Jedoch: „Wenn ich mehr Flächen zur Verfügung stelle, erzeuge ich auch mehr Verkehr“, sagt Wermuth. Er attestiert den Großstädten in der Region, auf dem richtigen Weg zu sein. Das zeige zum Beispiel der geplante Bau von Radschnellwegen zwischen den Städten. „Die Städte müssen allerdings noch mehr als bisher auf das Zusammenspiel aller Verkehrssysteme achten.“

Wermuth sieht auch die Unternehmen in der Pflicht, allen voran Volkswagen. In München reagieren große Unternehmen bereits und suchen den Kontakt zu Inrix. Das Ziel: Die Arbeitszeiten optimieren, damit die Belegschaft Staus möglichst meiden kann. Wermuth sagt: „Sie sehen auf der A 39 Richtung VW-Stammwerk ganz oft nur eine Person im Auto.“