Hannover. Planer der Stromtrasse stellen sich in Hannover Kritikern, darunter Bürger aus der Region. Manch einer sieht darin eine Alibi-Veranstaltung.

Konferenzleiter Daniel Matz nimmt den Bürgern, die nach Hannover gekommen sind, gleich zur Begrüßung den Wind aus den Segeln: „Es geht nicht darum, grundsätzlich über die Stromtrasse Südlink zu diskutieren.“ Murmeln füllt den mit 300 betroffenen Bürgern, Gemeindevertretern und Verbandsmitgliedern gut gefüllten Saal des Hotels Wienecke.

Matz stellt fest: Die 700 Kilometer lange Stromtrasse Südlink wird kommen. Das will der Gesetzgeber so. Das sagt Matz zwar freundlich formuliert. Aber er sagt es. Denn der Südlink ist die Hauptschlagader der Energiewende. Er soll den aus Windenergie erzeugten Strom aus dem Norden in den Süden transportieren.

Südlink neu ohne Bild

„Es geht hier heute auch nicht um den Verlauf der Trasse“, sagt Matz von der Bundesnetzagentur, die zusammen mit den Betreibern Tennet und TransnetBW nach Hannover geladen haben. „Es geht uns darum, Anregungen, Wünsche und Anträge aufzunehmen. Diese werden in die Planung mit einfließen“, versichert der Konferenzleiter.

Im Fokus steht am Dienstag der Abschnittsverlauf zwischen Scheeßel im Landkreis Rotenburg und Bad Gandersheim im Landkreis Northeim. Also auch unsere Region. Der Vorschlag der Betreiber sieht vor, dass der Südlink in unserer Region durch den Landkreis Peine, die Wolfenbütteler Exklaven Baddeckenstedt und Burgdorf, Seesen im Landkreis Goslar sowie zahlreiche Gemeinden im neuen Landkreis Göttingen führen wird. Die Unternehmen haben sich erst vor wenigen Monaten für die Trassen-Ostvariante entschieden. Bei den Varianten westlich von Hannover wäre unsere Region nicht betroffen. Die Bundesnetzagentur prüft den Vorschlag. Das macht Matz gleich mehrfach deutlich. Wie lange das dauern wird? „Das ist noch nicht absehbar“, erklärt er.

Mehr als zehn solcher Konferenzen sind quer durch die Republik vorgesehen. Schon die Anordnung im Saal des Hannoveraner Hotels ist konfrontativ. Vorne links sitzen vier Vertreter von Tennet und TransnetBW an einem Tisch. Vorne rechts sitzen fünf Mitarbeiter der Bundesnetzagentur. Vor ihnen haben sich die vielen Bedenkenträger versammelt. Matz und seine Mitstreiter geben sich Mühe. Sie erklären, dass die Bedenken willkommen sind. „Viele von Ihnen haben fachliche Kenntnisse, viele haben vor allem örtliche Kenntnisse.“ Die Veranstalter geben die Spielregeln vor, damit alles möglichst gesittet abläuft. Wer etwas sagen will, muss sich zuvor registrieren lassen. Dann wird er aufgerufen und kann am Mikrofon sein Anliegen schildern.

Direkt zum Auftakt überrascht die Gemeinde Söhlde aus dem Landkreis Hildesheim mit ihrem Antrag. Sie bittet darin, auf ihrem Gelände auch den Einsatz einer Freileitung zu prüfen. „Das ist bei diesen Anhörungen das erste Mal überhaupt, dass so ein Antrag auf Freileitung gestellt wird“, sagt Olaf Peter Eul, Sprecher der Bundesnetzagentur, am Rande. Bürgermeister Alexander Huszar (CDU) will dagegen in seinem Antrag keine wie auch immer geartete Vorfestlegung sehen.

„Das bedeutet nicht, dass ich das ganze Gemeindegebiet überspannen lassen will – ich will mir lediglich Optionen offen halten“, sagt er und betont: „Leider habe ich erst gestern erfahren, dass diese Konferenz die letzte Möglichkeit bot, um sich durch einen Antrag auf Prüfung auch eine derartige Option offen zu halten.“ Am Vortag sei er auf diese Frist von zahlreichen Landwirten angesprochen worden, die eine Beeinträchtigung ihrer wertvollen Böden befürchten.

Ganz stimmt das so nicht. Wer will, kann noch bis zum 23. Juni schriftliche Stellungnahmen bei der Bundesnetzagentur einreichen. Auch diese werden geprüft, versichert Matz.

Bernd Brandes, Bürgermeister aus Burgdorf im Kreis Wolfenbüttel, und Volker Schäfer von der örtlichen Bürgerinitiative Erdkabel Innerstetal und Umgebung kommen gemeinsam nach vorne ans Mikro. Sie monieren, dass der vorgeschlagene Trassenverlauf nicht geradlinig genug sei, wie es der Gesetzgeber fordere. Wäre er es, würde Burgdorf verschont. Das sagen sie nicht, das meinen sie aber. Sie kritisieren außerdem, dass nicht die neueste Technik bei der Erdverkabelung eingeplant sei. Schäfer: „Das klappt mit vier statt mit acht Kabeln.“ Das hätten Unternehmen schon bewiesen. Die Konsequenz: Die Trasse, in der die Erdkabel verlegt werden, wäre viel schmaler.

Martin Albers vom Landvolk-Kreisverband Celle, der etwa 1600 Mitglieder und damit die Interessen von 75 Prozent der Grundstückeigentümer im Kreis vertritt, fordert bei der Kabelverlegung zur bevorzugten Nutzung des öffentlichen Raums auf. Dazu gehöre auch der Randbereich des Truppenübungsplatzes Bergen – auch wenn die Bundeswehr das ablehne. „Die Argumente der Bundeswehr sollten einer strengen externen und neutralen Prüfung unterworfen werden."

Viele Redner pochen auf eine Bündelung des Südlinks mit schon bestehenden großen Verkehrstrassen – wie der A 7. Anhand einzelner Beispiele erklärt ein Tennet-Sprecher, warum das im Einzelfall nicht klappt: Mal sei der Raum zu bewaldet, mal gebe es eine zu ausgeprägte Hanglage.

Auf den Plätzen zweifelt manch einer an der Ernsthaftigkeit der Veranstaltung. Der Begriff „Alibi-Veranstaltung“ fällt. Die Netzagentur und die Betreiber werden das Gegenteil beweisen müssen.