Braunschweig. Niedersachsens Schäfer sind besorgt. Immer häufiger greifen Wölfe die Herden an.

Ein Leser, der sich „Manu Balleer“ nennt, meint auf unserer Facebook-Seite:

Weideschutzzaun plus Herdenschutzhund (keine Hütehunde), das hilft gegen Wölfe.

Zum Thema recherchierte Johannes Kaufmann

Auch der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) empfiehlt Schäfern den Einsatz von Zäunen und Schutzhunden. Letztere seien sehr sinnvoll, teilt LNWKN-Sprecherin Herma Heyken auf Anfrage unserer Zeitung mit. „Schutzzäune, die die Mindestanforderungen der ‚Richtlinie Wolf‘ erfüllen, bieten einen zuverlässigen Schutz, aber keine absolute Sicherheit“, so Heyken weiter.

Als „wolfsabweisenden Grundschutz“ definiert diese Richtlinie vollständig geschlossene, elektrisch geladene Zäune von mindestens 90 Zentimetern Höhe oder zum Beispiel Maschendrahtzäune von mindestens 1,20 Metern Höhe. Für den Bau solcher Zäune können Tierhalter beim Land Niedersachsen finanzielle Beihilfen beantragen. Auch die Anschaffung von Herdenschutzhunden kann gefördert werden.

Doch für Schäfer wie Tino Barth aus Twistringen im Kreis Diepholz reicht das nicht. „Ich habe 28 000 Euro in den Herdenschutz investiert. Das Land zahlt aber maximal 15 000“, sagt er. Seine 150 Muttertiere mit mehreren hundert Lämmern schütze er mittlerweile mit einem 1,08 Meter hohen Elektrozaun inklusive Flatterband auf 1,4 Metern Höhe. Und trotzdem sei es zu einem Wolfsangriff gekommen: „Im vergangenen Jahr wurde unser Herdenschutzhund Rudi schwer verletzt. Die tierärztliche Behandlung dauerte drei Wochen, und wir wussten nicht, ob er es überlebt.“ Barth glaubt nicht, dass die Zäune dauerhaft Schutz bieten: „Unsere Hütehunde springen da mühelos drüber. Warum sollte ein Wolf das nicht schaffen?“

68 bestätigte Fälle von Wolfsangriffen auf Nutztiere registrierte der NLWKN im Jahr 2016. Dabei wurden 175 Tiere getötet oder mussten später getötet werden. Hinzu kommen mehr als 30 Verdachtsfälle, die nicht eindeutig zugeordnet werden konnten.

Esel sollen Herden schützen

In einem Forschungsprojekt erprobt der NLWKN derzeit zusammen mit der Universität Hildesheim, ob Esel als Herdenschutztiere geeignet sind. Dafür werden zwei Esel in eine Schafsherde integriert und für zwei Jahre überwacht. Esel gelten als sehr aufmerksam und durchaus wehrhaft. Anders als Pferde fliehen sie bei Gefahr nicht, sondern stellen sich einem Wolf entgegen, beißen, treten und geben laute Rufe von sich. „Nach erfolgreicher Eingliederung der Esel in die Herde, ist geplant, in einem weiteren Schritt die Reaktion der Esel auf Hundeartige genau zu dokumentieren“, so ein Sprecher des NLWKN.

Tino Barth hatte sich bereits im Jahr 2015 drei Esel angeschafft (wir berichteten). Damit wollte der Schäfer seine Tiere vor der „Goldenstedter Wölfin“ schützen, der viele Angriffe im Raum Vechta/Diepholz zugeschrieben werden. Die Strategie schien durchaus zu funktionieren. Weitere Angriffe auf seine Herde gab es zunächst nicht.

Heute hält Barth allerdings keine Esel mehr. „Ich wollte die nicht irgendwann tot auf der Weide finden“, sagt der Schäfer. Denn ein Esel könne zwar einen Wolf in Schach halten, nicht aber ein ganzes Rudel. Mittlerweile gehe es in der Region nicht mehr nur um eine einzelne Wölfin, sondern um mehrere Tiere.

„Die Schäfer hier wissen nicht mehr, was sie noch tun sollen. Wir haben alles gemacht, was möglich ist“, sagt Barth. Selbst von Wolfsberatern und Naturschutzverbänden als wolfssicher bezeichnete Zäune seien überwunden worden. Neun Herdenschutzhunde hat Barth mittlerweile angeschafft, deren Haltungskosten er mit 1000 Euro jährlich beziffert.

Schließen Wolf und Schäferei einander aus? Beim NLWKN ist man um positive Botschaften bemüht. „Dass der Wolf in Niedersachsen wieder heimisch wird, ist ein Erfolg für den Artenschutz“, heißt es auf der Internetseite.