Berlin. . Die Parteispitze sieht sich nicht unter Zugzwang und kritisiert den Auftritt Kanzlerin Merkels als kraftlos.

Die SPD will offiziell erst Anfang 2017 entscheiden, wer als Kanzlerkandidat gegen Angela Merkel antritt. Auch nach der Ankündigung der CDU-Vorsitzenden, sich erneut für das Amt der Kanzlerin zu bewerben, halte die SPD an ihrem Fahrplan fest, sagte Generalsekretärin Katarina Barley am Montag nach einer SPD-Vorstandssitzung.

Der Kandidat der SPD soll nun bei einer turnusmäßigen Vorstandsklausur Ende Januar benannt werden, die auch inhaltlich Weichen für den Wahlkampf stellen soll. „Anders als die CDU werden wir Person und Programm verbinden“, sagte Barley.

Das Vorgehen folgt einer strategischen Analyse der SPD-Spitze, nach der die Sozialdemokraten mit einem Personenwahlkampf unabhängig vom Kandidaten gegen Merkel nicht gewinnen können. „Die CDU wird alles auf Merkel setzen – die SPD muss einen inhaltlichen Wahlkampf machen“, heißt es in der Parteispitze. Barley nannte Merkels Auftritt am Sonntag „ziemlich kraftlos“ und meinte, bei der Kanzlerin sei nach fast zwölf Regierungsjahren „offensichtlich die Luft raus“.

Obwohl die SPD-Spitze nun erklärt, dass sie sich von Merkels Festlegung „nicht treiben lassen“ wolle, wird dennoch ein Signal zur Kanzlerkandidatur bereits vor Weihnachten erwartet. Man werde der Kür Merkels auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember etwas entgegensetzen müssen, auch wenn die offizielle Benennung erst später erfolgt, heißt es in der Parteizentrale.

Alles deutet darauf hin, dass Parteichef Sigmar Gabriel selbst die Kanzlerin herausfordern will. Er hat als Vorsitzender auch den ersten Zugriff auf die Kandidatur.

Sollte Gabriel doch noch verzichten, dürfte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zum Zuge kommen – er hat bereits deutlich Interesse an einer Kandidatur signalisiert.

Theoretisch ließe die offizielle Planung Schulz nun Zeit genug, zunächst seine Ambitionen auf EU-Ebene zu klären. Schulz wirbt derzeit um Unterstützung dafür, am 17. Januar nächsten Jahres für weitere zwei Jahre als EU-Parlamentspräsident gewählt zu werden – obwohl die konservative EVP als stärkste Fraktion das Amt jetzt für sich beansprucht. Bleibt Schulz nicht Präsident, gilt ein Wechsel nach Berlin so oder so als wahrscheinlich – er ist Favorit für die Nachfolge von Frank-Walter Steinmeier als Außenminister.

Alternativ wird Fraktionschef Thomas Oppermann als möglicher Außenminister gehandelt. Intern wird spekuliert, Gabriel könne dann den Fraktionsvorsitz übernehmen, was ihm den Wahlkampf gegen die Kanzlerin erleichtern würde.

Oppermann erklärte aber am Montag: „Ich bin gerne Fraktionsvorsitzender und will das auch bleiben.“

Mit der offiziellen Benennung des Kanzlerkandidaten will sich die SPD-Spitze auch deshalb Zeit lassen, weil es zu zentralen Punkten des Wahlprogramms bei Rente und Steuern noch keine Verständigung gibt. Ein Programmentwurf wird nun erst Anfang nächsten Jahres vorliegen.

Strategen warnen, dass eine Entscheidung über die Programm-Knackpunkte umgehend zum Autoritätstest für einen bereits benannten Kanzlerkandidaten aufgewertet würde.