Eine in dieser Zeitung zitierte Fraunhofer-Studie geht von einem Gaspreis von 25 Cent pro Kilowattstunde (kW/h) aus. Warum?

Der Faktencheck ist der Krisengewinnler unter den journalistischen Formaten. Bekannt war die sinnvolle Prüfung von Tatsachenaussagen bereits aus der Sendung „hart aber fair“. Seit der Pandemie aber sprießen die Faktenchecks im Blätterwald wie Pilze. Da widerlegt „Correctiv“ regelmäßig Aussagen, die niemand gemacht hat. Etwa indem eine Fotomontage von einer Tafel Ritter Sport mit der Geschmacksrichtung „Ganze Grille“, ein augenzwinkernder Kommentar zur Zulassung von Insekten in Lebensmitteln, knallhart als Fälschung entlarvt wird: „Nein, Ritter Sport bietet keine Schokolade mit Insekten an“.

Ach was. Oder man kontert die Behauptung, Deutschland habe die höchsten Strompreise der Welt, mit dem Hinweis, dass dabei der „wichtige Faktor Kaufkraft“ nicht berücksichtigt werde. Nach dieser Logik ist ein Haus am Starnberger See womöglich billiger als eine Wohnung in Duisburg. Derzeit arbeiten sich Faktenchecker an „Mythen um die Wärmepumpe“ ab. Auch hier greift man zum Strohmann: Es werden Argumente widerlegt, die die Gegenseite gar nicht gebracht hat, zum Beispiel, dass der Einbau einer Wärmepumpe in Altbauten unmöglich sei. Ist es natürlich nicht – aber verdammt teuer. Wer wie ich in einem Haus aus den 1970er Jahren lebt, muss beim Kauf einer Wärmepumpe durchaus überlegen, ob es zusätzlich größere Heizkörper und eine bessere Dämmung braucht. Alles zusammen kostet keine 300.000 Euro (ein weiterer angeblicher Mythos), aber sehr wohl ein Vielfaches einer Gas-Brennwertheizung.

Das bringt uns zur Kostenrechnung. Hier werden Rosinen gepickt. Eine in dieser Zeitung zitierte Fraunhofer-Studie geht von einem Gaspreis von 25 Cent pro Kilowattstunde (kW/h) aus. Warum? Im Wirtschaftsteil derselben Ausgabe konnte man lesen, dass der Gaspreis gerade auf durchschnittlich 10 Cent pro kW/h gefallen sei und laut einer Prognose des Energiewirtschaftlichen Instituts der Uni Köln bis 2030 das niedrige Niveau der 2010er Jahre erreichen dürfte. Selbst bei einer Verdreifachung des CO2-Preises bis 2030 würde Gas deutlich weniger als 15 Cent pro kW/h kosten. Gleichzeitig ist der Strompreis in der Rechnung mit 35 Cent pro kW/h niedrig angesetzt – angesichts eines steigenden Verbrauchs durch Elektrifizierung von Verkehr und Wärme und Abschaltung von Großkraftwerken.

Eine zweite Rechnung mit realistischeren Werten geht von einer Jahresarbeitszahl (JAZ) von 4 aus, also von 4 kW/h Wärme aus einer kW/h Strom. Das ist in dem erwähnten Haus mit Luft-Wasser-Wärmepumpe utopisch. Selbst seine JAZ von 3 wäre optimistisch. Alles egal, meint eine Expertin, spätestens nach 25 Jahren rechne sich die Investition. Dumm nur, dass die meisten Heizungen nur 20 Jahre durchhalten.

Mit solchen Methoden wird die nüchterne Prüfung von be- oder widerlegbaren Behauptungen vorgetäuscht. Tatsächlich ist aus dem seriösen Format des Faktenchecks ein pseudo-objektives, manipulatives Meinungsstück geworden.