Unser Autor blickt in die Geschichte des Jägerhauses Sehlde und sinniert über Werber für den heiligen Hubertus.

Das Jägerhaus Sehlde wurde um 1820 auf dem Sandsteinfelsen als Waldgaststätte errichtet. Zunächst nur der Mittelteil des heutigen Gebäudes, erst später, wohl um 1860, erfolgte der Turmanbau. In den 1930er Jahren baute man die Zufahrtsstraße aus und erweiterte die Räumlichkeiten um einen Galerie-Anbau mit einer großzügigen Fensterfront Richtung Südwesten.

Anfang der 1960er Jahre verschwand der vorgelagerte Viehstall, der bis dahin auch die Toiletten beherbergte. Dafür entstand ein Küchen- und Toilettenanbau an der Westseite des Gebäudes. Außerdem wurden Garagen in Holzbauweise errichtet. 2015 kaufte die Firma Skandix AG das Jägerhaus vom vorherigen Eigentümer, der dort seit 1960 eine weithin bekannte und beliebte Ausflugsgaststätte betrieben hatte. Der Gaststättenbetrieb wurde 2013 aus Altersgründen eingestellt.

Die Firma, die in Goslar ansässig ist, erwarb das renovierungsbedürftige Ensemble aus Gasthaus und Hubertusgrotte, um das Gebäude entsprechend seiner Historie zu restaurieren und den Einwohnern der Region zur Nutzung zur Verfügung zu stellen - zunächst als Veranstaltungsort für Hochzeiten und Familienfeiern, später, so ist geplant, auch für verschiedene öffentliche kulinarische Geselligkeiten.

Im Frühjahr 2016 wurde, so heißt es auf der Internetseite der Firma, in Absprache mit der zuständigen Denkmalschutzbehörde des Landkreises Wolfenbüttel, mit den Arbeiten begonnen.

Nicht nur Jäger reklamieren den heiligen Hubertus für sich

Mit der Fertigstellung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss, der Außenanlagen und der Hubertuskapelle im Juni 2022 steht nunmehr das Jägerhaus Sehlde für Feiern zur Verfügung. Es können Veranstaltungen mit bis zu 120 Personen ausgerichtet werden. Außerdem können in Zusammenarbeit mit dem Standesamt Baddeckenstedt auch Trauungen im Jägerzimmer stattfinden.

Schließen wir den Aviso über das Jägerhaus in Sehlde und den heiligen Hubertus mit einem Zitat aus dem Internetauftritt von „katholisch.de“. Thomas Jansen schreibt darin: Christliche Tierschützer können weniger mit dem heiligen Hubertus anfangen – zumindest in seiner Eigenschaft als Patron der Jäger. Sie werfen den Jägern vor, sie reklamierten Hubertus zu Unrecht für sich. Der eigentliche Sinn der Hubertus-Legende sei doch der, dass der Mensch nicht Jäger, sondern Freund und Beschützer der Tiere sein soll. Schließlich verschone Hubertus den Hirsch mit dem Kreuz. Die Kirche kritisieren sie dafür, dass sie mit den Hubertusmessen ihren Segen zum Töten von Tieren gebe.

Nicht nur Jäger und Tierschützer reklamieren den heiligen Hubertus für sich. Der erfolgreichste Werber für die Hubertus-Legende im nichtkatholischen Milieu und auf internationalem Parkett ist weder Jäger noch Tierschützer oder eine Schützenbruderschaft. Dieser Titel gebührt einem Spirituosenhersteller aus dem niedersächsischen Wolfenbüttel. Er machte den Hirsch mit dem Kreuz im Geweih zum Markenzeichen eines weltweit geschätzten Kräuterlikörs mit 35 Prozent Alkohol.

Heutige Erscheinungen eines Hirschs mit Kreuz im Geweih führen Mediziner daher zumeist auf einen übermäßigen Konsum dieses Getränks zurück. Wenn man der Überlieferung Glauben schenkt, dürfte der heilige Hubertus diesen Zustand wohl nicht mehr gekannt haben, seit er auf den Hirsch mit dem Kreuz im Geweih traf.

Georg Ruppelt erzählt jede Woche Geschichte und Geschichten aus Stadt und Kreis. Ruppelt war stellvertretender Direktor der Herzog-August-Bibliothek und Direktor der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Bibliothek.

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