„Seinem Schwarm ein Küsschen zu geben, grenzte an einen Akt größter Peinlichkeit.“

Vor 35 Jahren war es bei meinen Freunden und mir das absolut angesagteste Spiel: „Wahrheit oder Pflicht“. Jeder Mitspieler und jede Mitspielerin musste reihum Fragen beantworten (Wahrheit) oder Aufgaben erfüllen (Pflicht). Es war zum Beispiel höchst heikel, zu verraten, in wen man verliebt war. Seinem Schwarm ein Küsschen zu geben, grenzte an einen Akt größter Peinlichkeit. Nun hatte ich einen Schwung zehnjähriger Mädchen zu Hause, die den Geburtstag meiner Tochter feiern wollten. Natürlich spielten sie „Wahrheit oder Pflicht“ und natürlich musste ich das Wohnzimmer verlassen („Mama, es ist so peinlich, wenn du dabei bleibst.“). In Ordnung. Ich möchte ja eine coole Mama sein. Durch die Tür hörte ich die Mädchen zunächst kichern, dann grölen, zuletzt schreien. Ich vernahm Aufforderungen wie „Gurgle dein Lieblingslied“ und „Rieche an deinen Mitspielern – wer duftet am besten?“. Zudem wurden Fragen gestellt: „Wann hast du das letzte Mal deine Unterhose gewechselt?“ und „Wen würdest du selbst für hundert Euro nicht küssen?“ Es war ein riesengroßer Spaß! Die Zeiten können sich ändern, doch manches bleibt, wie es immer schon war. Schön.