Ampel-Sondierungen, Linksbündnisse, durch die Decke ins All schießende Energiepreise – es gäbe viel zu kommentieren. Mir als leidenschaftlichem Star-Trek-Fan sei aber bitte verziehen, wenn ich mich diesmal tatsächlich dem Weltall widme: Am Mittwoch drang William Shatner, bekannt als Captain James T. Kirk aus „Raumschiff Enterprise“, an einen Ort vor, wo nie ein Mensch… seines Alters (90) zuvor gewesen ist. An Bord einer Rakete der Firma Blue Origin überquerte Shatner die Kármán-Linie, die gedachte Grenze der Erdatmosphäre in 100 Kilometern Höhe. Er ist nun einer von 583 Menschen, die den Weltraum erreicht haben.

Als Geld verbrennender PR-Stunt des Amazon-Gründers und Blue-Origin-Chefs Jeff Bezos wurde die Aktion kritisiert. Prinz William erklärte gegenüber der BBC, er selbst habe „absolut kein Interesse“ an einem Ausflug ins All. Die Erde zu retten, sei wichtiger als Weltraumtourismus, und überhaupt stelle sich die Frage nach den Kohlendioxid-Emissionen von Raumflügen, so der Spross einer gänzlich anachronistischen Institution, die vom britischen Steuerzahler 2021 mit knapp 100 Millionen Euro subventioniert wird.

Eine Rolle spielte PR zweifellos. Doch was Shatner nach dem Verlassen der Raumkapsel sagte, war kein vereinbarter Werbeslogan. „Ist das der Tod?“, fragte der Schauspieler bewegt, als er die unendliche Schwärze über dem zarten Blau der Erde beschrieb. „Dieser blaue Bezug, diese Bettdecke um uns herum (…) und plötzlich, wie wenn du im Schlaf die Decke wegreißt, bist du hindurch und blickst in Schwärze.“

Diese Verletzlichkeit hatte auch der deutsche Astronaut Alexander Gerst bei seiner Mission betont. „Die Atmosphäre, die uns alle vor dem Aussterben schützt, ist dünn wie ein Nebelhauch“, mahnte Gerst 2015 bei einer Veranstaltung in Salzgitter. Er wünsche sich, dass jeder Mensch dies einmal aus dem Weltraum sehen könne, insbesondere die Teilnehmer der internationalen Klimakonferenzen.

Das klang bei Shatner ähnlich. Er habe ihm die tiefgründigste Erfahrung seines Lebens geschenkt, sagte der Schauspieler unter Tränen zu Bezos. „Ich hoffe, ich werde mich davon niemals erholen. Ich möchte erhalten, was ich gerade fühle. Jeder Mensch sollte diese Erfahrung machen.“ Die Hoffnung, dass die Raumfahrt die Menschheit dazu bringt, Verantwortung für ihren Planeten zu übernehmen, mag übertrieben sein. Doch die Wirkmächtigkeit solcher Erzählungen auf Einzelne belegt die Person Bezos selbst. Es war die Enterprise, die ihn zur Gründung einer Raumfahrtfirma inspirierte. Als Neunjähriger bastelte er sich Star-Trek-Spielzeug aus Pappmaché. 48 Jahre später nahm Captain Kirk dieses Spielzeug mit auf seine Reise ins All. Bezos‘ Blue Origin hat übrigens nicht nur den ältesten, sondern auch den jüngsten Raumfahrer (18) transportiert. Der studiert nun Physik in Utrecht. Vielleicht wird er mal Klimaforscher. Und zu was inspiriert eine Fahrt in der goldbeschlagenen Kutsche eines verstaubten Königshauses?