Es gab viele besondere Momente in meinem journalistischen Leben: Menschliche Schicksale, die tief berühren. Verbrechen, die einen nicht loslassen. Manches, was man gar nie hätte erfahren mögen. Aber immer wieder hält der Alltag Überraschungen bereit, die bereichern, glücklich machen. Und manchmal kommen sie zur „einzig möglichen Zeit“.

So heißt die Biografie von Wolfgang Joop. Sie war Vorbereitung auf meinen ersten persönlichen Kontakt mit dem international erfolgreichen Modedesigner. Ein Treffen, das Vivian Hecker, die Marketing- und Eventchefin des Hamburger Abendblattes, möglich gemacht hat.

Fast 500 Seiten liegen vor mir, und ich überlege, wann ich zuletzt die Muße hatte, mich auf ein solches Werk einzulassen. Wie gern bin ich früher in die Welt der Bücher eingetaucht – unsere schnelllebige Zeit und der Beruf, der das Scannen der Nachricht erfordert, haben Spuren hinterlassen.

Doch es kommt anders: Seite für Seite begegne ich meiner eigenen Kindheit, meinem Erwachsenwerden, meiner geliebten Heimat, die Wolfgang Joop so ganz anders erlebt hat. Wie feinsinnig schildert er Natur-Stimmungen, wie scharf zeichnet er Menschen-Bilder, wie tief lässt er eintauchen in die deutsch-deutsche Geschichte… Wenige Tage später sitzen wir auf seiner Terrasse im Garten von Gut Bornstedt. Und da passiert etwas Unerwartetes: Dieser international anerkannte Künstler, den selbstverständlich die Aura der großen weiter Welt umgibt, ist ganz nah. Erzählt mit so viel Wärme von seinem Leben. Wagt und liebt den Widerspruch. Blickt tief in die menschliche Psyche. Gibt Denkanstöße. Ein Charakterkopf, wie es ihn nur noch selten gibt.

Das wirkt nach.

Der Modedesigner Wolfgang Joop auf Gut Bornstedt bei Potsdam – hier mit den Zeichnungen, die er eigens für das Jubiläum unserer Zeitung gestaltet hat.
Der Modedesigner Wolfgang Joop auf Gut Bornstedt bei Potsdam – hier mit den Zeichnungen, die er eigens für das Jubiläum unserer Zeitung gestaltet hat. © Frank Zauritz