Was war der spannendste Termin? Das interessanteste Interview? Die berührendste Begegnung?

Im Zeitraffer zieht gedanklich ein halbes Journalistenleben an mir vorbei: Das Interview mit Thomas D. von den Fanta4 etwa, der Besuch im Windkanal, das Hintergrundgespräch mit dem Minister, dessen Stuhl gefährlich wackelt. Begegnungen, Gespräche, Ereignisse. Auch die Dreharbeiten für einen Fernsehkrimi fallen mir ein und das Treffen vor vielen Jahren mit dem Berufssoldaten, der in Afghanistan im Einsatz war und zusammenzuckt, wenn ihm in der Heimat ein Fahrrad mit Gepäcktaschen entgegenkommt – so sehr hat er die permanente Gefahr verinnerlicht, Opfer eines Attentats zu werden, dass er überall eine Bombe vermutet.

Ich denke an die Restauratoren, denen ich hoch oben in der Kirchturmkuppel bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen durfte, und an den Besuch tief unten in der stickigen Hitze von Schacht Konrad. Ich denke an den Mann, der Schlittenhunde in der Gifhorner Heide trainiert, und die Frau, deren größtes Glück es ist, Shopping-Queen zu werden. Die Vielzahl und die Vielfalt der Begegnungen und Menschen ist es, die den Beruf eines Lokaljournalisten so spannend machen. Man darf hinter die Kulissen schauen, in andere Leben hineinschnuppern. Mal erfährt man Lustiges oder Verrücktes, mal ist es abenteuerlich oder gar tragisch. Ein bunter Strauß, ein Kaleidoskop des Lebens.

Beeindruckt haben mich in der Regel weniger die Begegnungen mit Prominenten und Mächtigen, die im Umgang mit Medien routiniert sind. Es waren eher die Zusammentreffen mit Menschen wie du und ich, die etwas Besonderes erlebt oder geleistet haben. Die sich für andere einsetzen: Schüler, die Hoffnungsbriefe an Senioren schreiben, Menschen, die Weihnachtspäckchen für Bedürftige packen oder eine Schule in Ghana bauen. Berührt haben mich besonders die Geschichten von Menschen, die das Leben mit voller Wucht getroffen hat: Der Mann, der aus der DDR geflüchtet ist. Das Kind, das den Krebs besiegt hat. Das Mädchen, das auf dem Schulweg von einem LKW angefahren und schwer verletzt wird. Familien aus fernen Ländern, die nach Kräften versuchen, sich in der noch fremden neuen Heimat ein neues Leben aufzubauen. Die Eltern, die vielleicht nie erfahren werden, wie genau ihr Sohn gestorben ist.

Das sind Geschichten, die ans Herz gehen, die einen trotz aller Professionalität und Bemühung um journalistische Distanz manchmal umhauen. Manche Geschichten erwärmen das Herz, andere hinterlassen Kratzer auf der Seele. Es sind Geschichten, die man nicht vergisst.

75 Jahre Braunschweiger Zeitung

Dieser Text ist Teil unseres großem Themenschwerpunktes zum 75-Jährigen Bestehen der Braunschweiger Zeitung.

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