Es scheint ein harmloser Allerweltstermin im Mai 2012, der sich allerdings als Rendezvous mit dem Chaos entpuppt: Klausurtagung der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion im beschaulichen Bad Zwischenahn, mit Ministerpräsident David McAllister (CDU) als Platzhirsch. „Ich hab’ mich zum Spaziergang um den See angemeldet, aber meine Fraktion hat mich einfach fürs Drachenboot gemeldet“, mault „Mac“ zum bunten Gute-Laune-Begleitprogramm.

Ich wiederum habe mich trotz Warnung („Wasserspaß kann nass machen“) fürs Drachenbootfahren entschieden, statt gemütlich um den See zu schlendern. Noch schlimmer: nicht für ein sicheres Journalisten-Begleitboot, sondern für das schmale Boot mit den Spitzenpolitikern. CDU-Fraktionschef Björn Thümler und Kultusminister Bernd Althusmann sind dabei, auch Stefan Birkner und Jörg Bode als Gäste von der FDP. Schon das Ablegemanöver läuft chaotisch wie bei überforderten Tretbootfahrern. Dann kommt das Boot doch noch in Fahrt, wenn mir das Ganze auch nicht recht geheuer ist. Denn die Frage ist nicht mehr, ob etwas Spritzwasser die Hose nassmacht. Sondern ob die Mannschaft das Ding heil ans andere Ufer bekommt. Und plötzlich gerät das Boot immer stärker ins Schaukeln, nach links, nach rechts, dann schwappt Wasser herein. Das war’s. Der Bootsführer sagt gar nichts, allgemeine Ratlosigkeit trifft auf milde Panik, dann kippt das Drachenboot nach rechts und ich bin tief unter Wasser.

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) hält sich nach dem Kentern eins Drachenbootes auf dem Zwischenahner Meer in Bad Zwischenahn am Boot fest. Die Tour gehörte zum Unterhaltungsprogramm bei der Klausurtagung der CDU-Landtagsfraktion in Bad Zwischenahn. DLRG-Helfer eilten den Schiffbrüchigen zu Hilfe.
Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) hält sich nach dem Kentern eins Drachenbootes auf dem Zwischenahner Meer in Bad Zwischenahn am Boot fest. Die Tour gehörte zum Unterhaltungsprogramm bei der Klausurtagung der CDU-Landtagsfraktion in Bad Zwischenahn. DLRG-Helfer eilten den Schiffbrüchigen zu Hilfe. © picture alliance / dpa (Archiv) | Carmen Jaspersen

Die Sache geht gut aus, ich schwimme nach oben und werde von Polizisten rausgezogen. Meine größte Sorge unter Wasser, als ich nach oben schaue: Dass mich beim Auftauchen eins der Helferboote am Kopf rammen könnte. Mein Schlüsselbund und das Portemonnaie überleben auch, sie waren vorn fest in meiner Hosentasche, das Handy hatte ich abgegeben. Ein Wagen vom Hotel holt mich schließlich ab, ich bin im Leihbademantel in weiß, wie in einer ganz schlechten Komödie. Die Redaktion reagiert ganz klassisch: Sie gibt, als ich anrufe, begeistert einen längeren Text in Auftrag. Die Kollegen haben die Meldungen schon gehört. Meine Abenteuer berichten darf ich dann in den nächsten Tagen aber zur Genüge. Nur drei Journalisten waren an Bord des Drachens gegangen.

McAllister macht gute Miene zu dem Missgeschick. Der Mann hat britischen Humor, das hilft. Dass ein Ministerpräsident baden geht, macht international Schlagzeilen. Und 2013 sind Landtagswahlen angesetzt. Untergänge aller Art vorher sind da ziemlich heikel. Das Ende vom Lied ist bekannt.

Im Sommer 2021, als Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) auf seiner Sommerreise bei Celle paddeln geht, lebt die alte Geschichte im Hintergrund noch mal auf. Es heißt, die Staatskanzlei habe sich wieder und wieder versichern lassen, dass ein Kentern dieser Boote so gut wie unmöglich sei. Sicher nur ein fieses Gerücht.