Was ist Heimat? Heimat ist das, woran die meisten Erinnerungen hängen. Meine Heimat ist die Gemeinde Ilsede. Andere haben ihre Heimat verloren, meine ist größer geworden: Wer kann das schon von sich behaupten?

Jahrzehntelang sind die Dinge klar geordnet gewesen: hier Ilsede – meine Heimat; dort Lahstedt – die Nachbargemeinde und meinetwegen Eure Heimat. Eine gewisse Rivalität zwischen beiden Gebieten hat dem Leben eine Würze gegeben. Aus einem April-Scherz unserer Zeitung – es ist wirklich nur ein Scherz gewesen – sind vor rund 20 Jahren Überlegungen entstanden, Ilsede und Lahstedt zu vereinen; ein Vorhaben, das allerdings (zunächst) gescheitert ist, denn zu viele waren der Auffassung, hier dürfe nicht etwas zusammen wachsen, was gar nicht zusammen gehöre.

Etwa zehn Jahre später aber geschieht Unglaubliches, ein politisches Erdbeben gewissermaßen: Ilsede und Lahstedt – das ist Vergangenheit. Die Kommunalpolitik geht mutig voran, aus beiden Gemeinden wird eine Groß-Kommune – und dann auch noch mit dem Namen „Ilsede“. Meine Heimatgemeinde hat nicht mehr nur sechs Ortschaften, sondern elf. Wer spricht heute noch von „Lahstedt“? Wohl mehr Leute, als manch einer glauben mag. Wie sieht es doch gleich mit der „DDR“ aus?

Zurück zur eigenen Haustür: Wenn ich als Groß Ilseder („Alt-Ilseder“) im Tischtennis in Duellen mit Groß Lafferde oder Adenstedt („Alt-Lahstedter“) von einem „Gemeindederby“ spreche, kommt mir ein Schwall bestenfalls von Unverständnis entgegen – oder von Empörung. Manch einer fremdelt eben noch mit seiner größer gewordenen Heimat.

Von „Feindesland“ haben sie in Alt-Lahstedt zumindest mal gesprochen und Alt-Ilsede damit gemeint, von „Mauern in den Köpfen“ ist immer noch die Rede: Wohlgemerkt – nicht um Aachen ganz im Westen und Görlitz ganz im Osten geht es, sondern um Ilsede und Lahstedt, deren Ortschaften nur ein paar Kilometer voneinander trennen. Was aber hat in Gottes Namen die Kommunalpolitiker hier wie dort dazu getrieben, zur Groß-Gemeinde Ilsede zu fusionieren und Lahstedt zu beerdigen? Einfache Antwort: das Geld. Sind es im großen Stil die „blühenden Landschaften“, so reichten im kleinen 12,8 Millionen Euro als „Hochzeitsprämie“ vom Land für den Gemeindezusammenschluss. Und ich als „Trauzeuge“ mittendrin bei der Schließung dieser „Vernunftehe“, aus der möglichst eine „Liebesbeziehung“ werden soll. Aber unsere Fusion gilt erst seit dem 1. Januar 2015 und nicht schon seit dem 3. Oktober 1990 – wir haben also noch etwas Zeit.