„Unsere Familie bog just in dem Moment um die Domtürme, als vom Burgplatz die berühmte Sehnsuchtsarie herüberwehte.“

Einer dieser blaugoldenen Sommerabende, an denen die Braunschweiger Innenstadt das Flair einer Piazza atmet. Unsere Familie bog just in dem Moment um die Domtürme, als vom Burgplatz die berühmte Sehnsuchtsarie herüberwehte, die dich sofort emotional auf ihre sanften Schwingen nimmt. Die Gewissheit, dass ein Schiff kommen wird eines schönen Tages, mit ihm an Bord. „Er wird Butterfly rufen aus der Ferne und ich werde versteckt bleiben, ein bisschen zum Scherz und ein bisschen, um nicht bei der ersten Begegnung zu sterben…“

Wunderschön. Da wirst du sofort sentimental. Und ich dachte an die schönste „Butterfly“ meines Lebens. Vor 20 Jahren an der Staatsoper Hannover. Weil unser Junge da den kleinen Sohn der verlassenen Geisha spielte. Er war damals weizenblond und strahlte in einem weißen Anzug. Heute ist er ein bärtiger Kerl mit Hoodie. „Ich weiß nur noch“, sagt er, „dass ich mit einem Schiffsmodell herumspielen musste.“ Es war ein amerikanisches Kriegsschiff. Von dem tragischen Ende der Mutter hatte er bis zu diesem Sommerabend nichts gewusst. Da war die Sentimentalität rasch verflogen. Was soll man da sagen im letzten Aushauchen der Arie? „Banause“. Da grinst er nur und sagt: „Na, immerhin habe ich überlebt.“