„Schlichte Mädchen vom Land, so geht die Herleitung, pflegten leicht zu erröten und so rot- wie pausbackig an diese Südfrucht zu erinnern.“

Wir müssen uns ja hier nichts vormachen, nicht wahr? Und geben also zu, dass es viel mehr Spaß macht, über fiese Begriffe und abträgliche Bezeichnungen nachzudenken, als süßliche Schmeicheleien abzuschmecken. So war das auch neulich, als eine – natürlich abwesende – Frau gesprächsweise als „Pomeranze“ abgewatscht wurde. Und schon kam die Frage auf, ob in diesem Wort womöglich Ressentiments gegen Leute aus Pommern anklingen.

Nein, gar nicht. „Pommern“ hat eine slawische Wurzel; „po more“ heißt „am Meer“. Unsere Invektive hingegen hat mit der „Pomeranze“ zu tun, also der Bitterorange. Schlichte Mädchen vom Land, so geht die Herleitung, pflegten leicht zu erröten und daher einen überheblichen Stadtmenschen so rot- wie pausbackig an diese Südfrucht zu erinnern. Die Wikipedia-Seite führt als früheste literarische Belegstelle die Erwähnung eines „Landpomeränzchens“ in Wilhelm Hauffs „Der Mann im Mond“ von 1825 an. Außerdem wird auf Wikipedia behauptet, dass der Begriff „inzwischen geschlechtsneutral auch für Männer mit ländlich-provinziellem Hintergrund“ benutzt werde. Doch genau an dieser Stelle quake ich dazwischen: Wie bitte? Es mag zwar immer fortschrittlich klingen, wenn irgendetwas „inzwischen geschlechtsneutral“ sein soll. Aber ich habe garantiert niemals – weder in Vor- noch in Hinterpommern oder sonst irgendwo – mitbekommen, dass ein männliches Landei als „Pomeranze“ bezeichnet wurde. Sie etwa?